Bäumchen wechsel dich
Im Kino: »Maggies Plan« von Rebecca Miller
Es gibt eine Theorie der Struktur von Liebesbeziehungen in »Maggies Plan«, bei der man sich fragt, ob hier die Filmemacherin aus dem Mund ihrer Figuren über eigene Beziehungen zu schwierigen Männern spricht. In jeder Ehe gebe es eine Rose und einen Gärtner, sagt Ethan Hawke als Halbzeit-Akademiker und Halbzeit-Buchautor John (als Buchautor ist er selbstredend bisher unveröffentlicht). In seiner Ehe mit der analytisch-kühlen Akademikerin Georgette (Julianne Moore) sei eben von jeher er der Gärtner gewesen und seine Frau die Rose, mit viel Liebe umsorgt.
Rebecca Miller, Autorin, Filmemacherin und Regisseurin von »Maggies Plan«, ist die Tochter von »Tod eines Handlungsreisenden«-Autor Arthur Miller aus der Ehe nach seiner Ehe mit Marilyn Monroe. Und sie ist die Ehefrau von Ausnahmeschauspieler Daniel Day-Lewis. Der gehört zu jener Klasse Schauspieler, die eine Rolle nicht nur nicht ablegen, wenn sie abends vom Dreh nach Hause kommen, sondern sie bereits Monate vor Drehbeginn tagesfüllend beziehen. Was die Vermutung zumindest nahelegt, dass die Rose in Millers diversen Familien denn wohl meist der jeweilige Ehemann war.
Maggie jedenfalls, Millers Titelheldin, mutiert ganz schnell zum Gärtner, als sie Georgettes Noch-Ehemann kennenlernt und sich in ihn verliebt. John dagegen suhlt sich bald im schönen Bewusstsein, nun mal der fürsorglich Gepflegte sein zu dürfen: die Rose, nicht die Arbeitsbiene. Denn für Maggie (Greta Gerwig) lässt John seine Familie fahren und beginnt eine neue Familie mit ihr. Dabei hatte Maggie eigentlich gerade alles eingeleitet, um ein Kind ganz ohne Vater und sonstige emotionale Verpflichtungen zu bekommen.
Stattdessen nun: John, der dauernd weiter mit Georgette beratend am Telefon hängt, der Maggie die Fürsorge für Lily, der Tochter ihrer Ehe, weitgehend überlässt, und auch die für die beiden Kinder aus seiner ersten Ehe, die Zeit mit ihrem Vater verbringen sollen - nur dass der meist nicht für sie da ist. Drei Jahre lang geht das gut, bis es auch der fleißig rund um die Uhr das Chaos in Schach haltenden Maggie zu viel wird. Und sie auch dieses neue Problem mit einem ganz pragmatischen Plan angeht. Alles sehr ernsthaft mit einer satten Prise Ironie versehen.
Bill Hader und Maya Rudolph als Maggies Ex und dessen neue Frau bringen eine gute Portion gesunden Menschenverstand, Sarkasmus und Wärme ins Geschehen. Julianne Moore spielt die dominante Kraft mit großer Verve, die Glamour-Gattin, von der sich Maggie in ihren handgestrickten Pullovern und langen Röcken so heimelig absetzt. Georgette ist der unbeirrbare Star der universitären Szene, in der weder John noch Maggie sonderlich glänzen - auch wenn John offenbar das Potenzial dazu hätte, ließe er nur endlich den hohlen Traum von der Schriftstellerkarriere fahren. Dass Moore Georgette mit dänischem Akzent spricht, ist wohl Teil des autobiografischen Hintergrunds der Vorlage von Karen Rinaldi, auf deren Basis Miller ihr Drehbuch schrieb.
Gerwigs Maggie aber hat irgendwann genug. Und beschließt, John an seine erste Gattin loszuwerden, mit der er ja ohnehin ständig am Telefon hängt. Weil auch Georgette sich mit der Idee anfreunden kann, ihren Ex in Gnaden wieder aufzunehmen, wird eine Gelegenheit inszeniert, bei der John und Georgette wie zufällig aufeinandertreffen können, allein zu zweit und weit weg von Haus, Hof und Kindern. Der Plan funktioniert prächtig - bis John davon erfährt und sich manipuliert fühlt. Und funktioniert dann doch, weil Maggie eben tatsächlich die praktische ist unter den Dreien.
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