Dynamit-Hardy

PERSONALIE

  • Hendrik Lasch
  • Lesedauer: 2 Min.

Manchmal ist Hardy Peter Güssau ganz schnell weg. Wenn sich der 53-jährige Lehrer, der einst Geografie und Sport unterrichtete, auf sein Motorrad setzt, eine Maschine, die es auf Tempo 300 bringen soll. Manchmal aber ist Güssau auch unbeweglich. Am Amt als Landtagspräsident in Sachsen-Anhalt hält der CDU-Politiker fest, obwohl er wegen einer Wahlfälschungsaffäre in seiner Heimatstadt Stendal unter Druck steht. Ihm wird der Versuch vorgeworfen, den Skandal unter den Teppich zu kehren. Güssau aber steht felsenfest. Er werde nicht zurücktreten, sagte er vor einem Auskunftsmarathon, der ihn bis Freitag zu vier der fünf Fraktionen führen sollte; er habe sich »nichts vorzuwerfen«.

Mit dieser Hartleibigkeit ist Güssau nun auch zu einer Belastung für die Koalition geworden. Die Affäre sei ein »politischer Sprengsatz« für das bundesweit erste Regierungsbündnis aus CDU, SPD und Grünen, sagen Kommentatoren - in Anlehnung an eine beliebte Figur aus Olsenbande-Filmen könnte man von »Dynamit-Hardy« sprechen. Die explosive Gemengelage belegen zwei Pressemitteilungen von zwei Koalitionspartnern. Die CDU erklärte nach Güssaus Anhörung, man sehe die erhobenen Vorwürfe als widerlegt an und spreche dem Präsidenten das Vertrauen aus. Der Landeschef der SPD dagegen forderte Güssau auf, die »Hängepartie« zu beenden und sein Amt niederzulegen. Burkhard Lischka konstatierte, es sei »leider nichts erkennbar«, was den CDU-Mann entlasten könnte. Die SPD-Fraktion hatte zuvor ebenfalls zu Protokoll gegeben, wichtige Fragen seien unbeantwortet. Zu den Grünen ging Güssau am Freitag mit Verspätung - nachdem er dem Vernehmen nach einen Anwalt konsultiert hatte. Später erwartete ihn die AfD, am Dienstag soll er zur LINKEN.

Ebenfalls am Dienstag trifft sich auch der Koalitionsausschuss, und dann könnte das von Güssau angemischte Dynamit in die Luft gehen. Ob aber Regierungschef Reiner Haseloff zugunsten seines Parteifreundes die Koalition opfert, die er anlässlich der 100-Tage-Bilanz erst diese Woche in den höchsten Tönen lobte? Gut denkbar, dass Güssau auch als Landtagspräsident doch noch ganz schnell weg ist.

Werde Mitglied der nd.Genossenschaft!
Seit dem 1. Januar 2022 wird das »nd« als unabhängige linke Zeitung herausgeben, welche der Belegschaft und den Leser*innen gehört. Sei dabei und unterstütze als Genossenschaftsmitglied Medienvielfalt und sichtbare linke Positionen. Jetzt die Beitrittserklärung ausfüllen.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft

Das »nd« bleibt gefährdet

Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.

- Anzeige -
- Anzeige -