Pokémon Go wirbelt Asien auf
Monsterjagd erlebt Welle der Begeisterung
Viele Thailänder legen ihr Handy ohnehin nur selten aus der Hand. Doch seit Anfang August haften ihre Augen noch stärker am Display. Durch ganz Bangkok hetzen derzeit zehntausende Pokémon-Jäger.
Auch in anderen asiatischen Ländern steht die App mittlerweile zum Download bereit - und hat noch eine stärkere Begeisterung als in Europa und Amerika ausgelöst. Die Menschen sind so vernarrt in das Spiel, dass sich Regierungen gezwungen sehen, dem Spaß Grenzen zu setzen. Kein Wunder: Pokémons sind immerhin eine japanische Erfindung.
Bei Pokémon Go müssen Spieler kleine Monster mit ihrem Handy einsammeln. Die gefangenen Kreaturen können sie dann trainieren und in Arenen gegeneinander antreten lassen. Die Monster sind dabei an realen Orten positioniert. Sie werden für Spieler sichtbar, wenn man durch die Handy-Kamera guckt - viele Spieler nehmen dabei ihr Smartphone überhaupt nicht mehr herunter und jagen den Monstern an den unmöglichsten Orten hinterher.
Doch den Behörden gefällt das nicht. Beispiel Thailand: Wie die Behörde für Telekommunikation mitteilte, habe man den Hersteller dazu aufgefordert, gewisse Sperrzonen zu etablieren, in denen das Spiel nicht gespielt werden kann. Dazu sollen Schulen, Tempel, Regierungsgebäude und gefährliche Straßen zählen. Die Mobilfunkanbieter hätten außerdem den Vorschlag der Regierung unterstützt, ein Spielverbot für die Nächte durchzusetzen. Dann ist das Spielen den Beamten zufolge nämlich besonders riskant.
Die Sorge ist vielleicht nicht ganz unbegründet. In Taiwan zeigt sich bereits, dass die Spieler für Pokémon-Erfolge beachtliche Risiken eingehen. Der taiwanesischen Nachrichtenagentur zufolge wurden in den ersten Tagen rund 1200 Strafzettel an Motorradfahrer verteilt, die sich auf ihrem Gefährt auf die Monsterjagd machten.
Einige Spieler scheinen auch ihren Anstand zu verlieren. Die Verwaltung von Kambodschas Tuol Sleng Museum, das an die Gräueltaten der Roten Khmer erinnert, sah sich gezwungen, ein Verbot auszusprechen, nachdem einige Spieler auf dem Gelände aufgetaucht waren - ähnliches erlebte übrigens auch das Holocaust-Museum in Washington.
In Malaysia wurde Pokémon sogar gleich ganz verboten - zumindest für Muslime. Geistliche Führer warnten ihre Glaubensbrüder per Fatwa, das Spiel mache süchtig und verderbe den Charakter. Soweit würde man in Thailand nie gehen: Dort verfügt man zwar einige Einschränkungen, will das Spiel aber auch wirtschaftlich nutzen. Aus dem Tourismusministerium heißt es beispielsweise, man wolle wichtige Sehenswürdigkeiten für Pokémon-Spieler interessanter machen - und so mit der Begeisterung Geld verdienen.
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