Rotes Kreuz: Feuerpause in Aleppo unverzichtbar

Seiters: »Wir benötigen Garantien aller Konfliktparteien« / Steinmeier und UN-Sonderbeauftragter begrüßen Moskauer Ankündigung

  • Lesedauer: 3 Min.

Berlin. Das Deutsche Rote Kreuz (DRK) hat die Gewalt in der umkämpften syrischen Stadt Aleppo scharf verurteilt. Kampfpausen von mindestens 48 Stunden sowie humanitärer Zugang zu den Betroffenen seien unverzichtbar, sagte DRK-Präsident Rudolf Seiters der »Neuen Osnabrücker Zeitung«. Diese Zeitspanne sei erforderlich, um Hilfsgüter zu den Betroffenen zu bringen und die zerstörte Infrastruktur, etwa Wasserleitungen, zumindest notdürftig in Stand zu setzen. »Wir benötigen Garantien aller Konfliktparteien, dass diese Pausen eingehalten werden, damit humanitäre Helfer ihre Arbeit tun können«, sagte Seiters.

Russland hatte sich am Donnerstag dazu bereit erklärt, jede Woche eine 48 Stunden lange Feuerpause in Aleppo einzulegen. Moskau unterstützt das Regime in Damaskus in dem Bürgerkrieg. Allerdings lief schon eine erste Ankündigung Russlands, täglich die Waffen drei Stunden schweigen zu lassen, ins Leere. Der Krieg ging unvermindert weiter. Die Lage in Aleppo wird laut DRK derweil immer dramatischer. Es fehle an Nahrungsmitteln, Medikamenten, Trinkwasser und Benzin, um Generatoren zu betreiben, unter anderem auch für die Krankenhäuser. »Die Menschen sind nirgendwo vor dem Beschuss sicher. Immer wieder werden Krankenhäuser beschossen und dabei Patienten und Pflegepersonal getötet«, sagte Seiters. Er mahnte eine politische Lösung des Syrien-Konfliktes unter Einbindung der regionalen wie der internationalen Akteure an.

Die Feuerpause solle erstmals kommende Woche Hilfslieferungen für die belagerte Bevölkerung ermöglichen, teilte das russische Verteidigungsministerium mit. Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) und der UN-Sonderbeauftragte Staffan de Mistura begrüßten die Ankündigung. Ein Sprecher des Verteidigungsministeriums in Moskau sagte, es handele sich um ein »Pilotprojekt«. Das Datum und die exakte Uhrzeit würden mitgeteilt, sobald seitens der UNO die Informationen bezüglich der Hilfskonvois sowie Garantien für deren Sicherheit seitens »unserer US-Partner« vorlägen.

Beim Auswärtigen Amt hieß es, die Ankündigung sei ein »entscheidender Schritt, um die Menschen vor Ort mit den dringend benötigten Nahrungsmitteln, medizinischer Hilfe und sauberem Wasser versorgen zu können«. Steinmeier sei nach seinem Besuch im russischen Jekaterinburg am Montag in engem Kontakt mit der UNO und de Mistura, gewesen, um die Voraussetzungen für eine längere Waffenpause zu klären.

Auch der UN-Sonderbeauftragte für Syrien begrüßte am Abend die Ankündigung. Er hatte zuvor kritisiert, dass seit einem Monat keine Hilfslieferungen mehr in belagerte Städte gelangt seien. Daher habe er in einem »symbolischen« Schritt die Sitzung des UN-Ausschusses für humanitäre Hilfe nach acht Minuten abgebrochen, sagte de Mistura in Genf. Am Freitag ist der Welttag der humanitären Hilfe.

Russland geht mit der Ankündigung der zeitweisen Waffenruhe auf eine entsprechende Forderung der UNO ein. De Mistura dringt seit längerem auf »wöchentliche 48-stündige humanitäre Pausen«, um die hilfsbedürftigen Menschen in Aleppo mit Nahrungsmitteln und Medikamenten versorgen zu können.

Die einstige Handelsmetropole ist seit vier Jahren zwischen den Regierungstruppen im Westen und den islamistischen Rebellen im Osten geteilt. Mitte Juli schloss die Armee den Ring um die von den Rebellen gehaltenen Viertel, doch gelang es Dschihadisten nach drei Wochen, die Belagerung wieder zu durchbrechen. Nun laufen die Viertel unter Kontrolle der Regierung Gefahr, von der Außenwelt abgeschnitten zu werden. In den Vierteln unter Kontrolle der Rebellen leben rund 250.000 Menschen, in den von der Regierung gehaltenen Stadtteilen sind es etwa 1,2 Millionen. Agenturen/nd

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