Trump und Clinton erteilen Freihandel eine Absage
Geplante Abkommen stehen im US-Wahlkampf in der Kritik
Mit scharfer Kritik an Freihandelsabkommen der USA hat der republikanische Spitzenkandidat Donald Trump die Vorwahlen gewonnen. Auf seinen Wahlveranstaltungen führt er die Mehrheit zu lautstarkem Applaus, wenn er diese Handelsabkommen für den Niedergang der US-amerikanischen Industrie verantwortlich macht. Und nun schwenkt die demokratische Kandidatin Hillary Clinton auf genau diesen Kurs ein, obwohl sie Außenministerin war, als Präsident Barack Obama das Transpazifische Abkommen (TPP) aushandeln ließ.
»Frühere Handelsabkommen sind dem amerikanischen Volk mit rosigen Szenarien verkauft worden, die sich nicht erfüllt haben«, sagte Clinton kürzlich in einer Luftfahrtfabrik nahe Detroit. »Als Präsidentin würde ich mich gegen China stellen und jeden anderen, der versuchen würde, die Arbeiter Amerikas oder seine Firmen zu übervorteilen.«
Die Ironie dabei ist, dass Clinton nicht nur TPP in ihrer Amtszeit gebilligt hat, das Freihandel zwischen den USA und anderen Pazifikanrainern vorsieht, aber China ausschließt. Sie bezeichnete es im Vorwahlkampf noch als »Goldstandard« für Handelsbeziehungen. Der Name Clinton steht auch für das nordamerikanische Freihandelsabkommen NAFTA mit Kanada und Mexiko, das Ex-Präsident Bill Clinton 1994 unterschrieben hatte. NAFTA wird von Kritikern als Ausverkauf der US-Industrie und Grund für den Verlust von Millionen von Arbeitsplätzen an Billiglohnländer wie Mexiko gesehen. Die Menschen in Staaten wie Michigan und Ohio sind darüber noch heute empört. Und sie haben Hillary Clintons parteiinternen Rivalen Bernie Sanders zu Siegen in den Vorwahlen verholfen. Viele von ihnen sind inzwischen ins Trump-Lager gewechselt.
»Mehr als 800 000 pensionierte Mitglieder der United Auto Workers (eine der einflussreichsten Gewerkschaften in den USA und Kanada, d.Red.) erinnern sich an NAFTA«, sagte Chefvolkswirt Sean McAlinden vom Center for Automotive Research in Michigan. Sie hätten nicht glauben können, dass »Slick Willy« (der schlaue Bill) und seine Frau nun dagegen zu Felde zögen. »Trump muss in Michigan und Ohio darauf pochen und er könnte beide Staaten gewinnen. Wir machen uns keine Sorgen um Einwanderung, wohl aber um Handel und um Waffen.« Diese Botschaft aus der einstigen Hochburg des Autobauens mochte Trump vernommen haben, als er kürzlich vor dem Detroit Economic Club sprach: »Detroit wartet auf eine Entschuldigung von Hillary Clinton«, so Trump.
Trump hat bisher kaum Einzelheiten über seine künftige Handelspolitik preisgegeben. Im Wahlkampf hat er allerdings stets Applaus geerntet, wenn Handelsabkommen wie TTIP und TPP für den Niedergang der US-Industrie verantwortlich macht und TTIP wahlweise als »größte Gefahr« oder TPP als »fürchterlichen Deal« bezeichnet.
In Detroit kündigte Trump Zölle von 45 Prozent für alle chinesischen Importgüter an. Damit würde das Handelsbilanzdefizit der USA von 366 Milliarden Dollar (326,5 Milliarden Euro) gesenkt. Aber es käme wohl zu einem Handelskrieg mit China. Experten bezweifeln, ob die USA davon profitieren würden. Es sei vermutlich zu spät, durch höhere Zölle grundlegend etwas zu ändern, sagte der ehemalige Handelsbeauftragte von Ex-Präsident Ronald Reagan, Clyde Prestowitz. Wahrscheinlich würde China seine Währung abwerten, um die höheren Zölle auszugleichen.
Clinton bezeichnet Trumps Vorhaben als unrealistisch:. »Die Antwort kann nicht toben und schimpfen und die Selbstisolierung vom Rest der Welt sein.« Trump führe große Worte über den Handel. »Aber sein Ansatz ist aus Furcht geboren. Furcht, dass wir mit dem Rest der Welt nicht konkurrieren können, auch wenn der Handel fair ist. Furcht, dass unser Land keine Chance hat, außer, sich hinter Mauern zu verkriechen.«
Auch Clinton kündigte an, die Zölle für alle Länder zu erhöhen, die keinen fairen Handel betreiben. Überwachen soll die Handelsbedingungen demnach ein Sonderstaatsanwalt.
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