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Italien trauert

Staatsanwaltschaft ermittelt nach Beben wegen fahrlässiger Tötung

  • Ella Ide, Ascoli Piceno
  • Lesedauer: 3 Min.

Italien hat am Wochenende innegehalten und mit einer Zeremonie im Erdbebengebiet sowie einem landesweiten Trauertag der Opfer der Katastrophe gedacht. In einer zur Kapelle umfunktionierten Turnhalle in der mittelitalienischen Stadt Ascoli Piceno unterhalb der zerstörten Bergdörfer nahmen Präsident Sergio Mattarella, Regierungschef Matteo Renzi und hunderte trauernde Angehörige an einer Gedenkfeier teil. In der Halle standen 35 blumengeschmückte Särge von Erdbebenopfern aus den Dörfern Arquata und Pescara del Tronto.

Staatschef Mattarella hatte am Morgen das Bergdorf Amatrice besucht. Allein dort waren beim Beben vom Mittwoch mindestens 230 Menschen umgekommen. Die Rettungskräfte begannen am Samstag damit, mit Baggern die Trümmer abzutragen - ein trauriges Zeichen dafür, dass sie drei Tage nach dem Beben nicht mehr mit Überlebenden rechneten.

Landesweit wehten die Flaggen auf Halbmast. Fernsehsender verzichteten auf Werbung und trugen Trauerflor. Das Kulturministerium will die Eintrittsgelder aller Museen vom Sonntag für die Bebenregion spenden.

Die Zahl der registrierten Toten stieg nach Angaben des Zivilschutzes auf 291, nachdem in Amatrice sechs weitere Leichen geborgen wurden und ein Verletzter starb. Fast 400 Menschen wurden seit Mittwoch mit Verletzungen ins Krankenhaus gebracht.

Etwa 2500 Menschen wurden obdachlos. Sie müssen in einem der 49 Zeltlager oder in Notaufnahmezentren ausharren. Viele fragen sich, wie und wann der Wiederaufbau vor sich gehen wird und ob sie bis zum Winter ein Dach über den Kopf haben. Sie erwarten, dass die Justiz Ermittlungen darüber vorantreibt, wie es zu derart vielen Toten in einer Region kommen konnte, die offiziell als Erdbebenrisikogebiet ausgewiesen ist. »Zunächst müssen uns die Experten sagen und erklären, wie die Bauten errichtet wurden und warum sie einstürzten. Danach werden wir die Verantwortlichen hinter den Trümmern suchen«, sagte der Staatsanwalt der Region Rieti, Giuseppe Saieva. Die Untersuchungen sollen mit den zerstörten öffentlichen Gebäuden in Amatrice beginnen: die erst 2012 für viel Geld renovierte Schule, das Krankenhaus, die Kaserne, das Theater. Ermittelt wird wegen fahrlässiger Tötung und »Verursachung einer Katastrophe«.

Unterdessen mehren sich die Diskussionen über Pfusch am Bau, Bauarbeiten ohne Genehmigung und Schummeleien bei der Bauabnahme. »Wäre so gebaut worden wie in Japan, wären die Gebäude nicht zusammengekracht«, sagte Saieva. Eine dreistöckige Villa in Amatrice sei beispielsweise augenscheinlich in »Billigbauweise« erstellt worden - »mit mehr Sand als Zement«.

In Amatrice wurden zwei Plünderer festgenommen. Sie hätten sich auffällig in den Ruinen eines Gebäudes bewegt, meldete die Agentur Ansa. Am Freitag wurde bereits ein ähnlicher Vorfall aus Amatrice gemeldet.

Das Beben hatte Italien am frühen Mittwochmorgen erschüttert und die Menschen im Schlaf überrascht. Es gab über 1800 Nachbeben. AFP/nd

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