Im Teufelskreis

Die Berliner Filmförderung sollte die Strategie ändern

  • Katharina Dockhorn
  • Lesedauer: 3 Min.

Auf das Drama »Toni Erdmann« sind Filmförderer und Medienpolitiker aus Berlin und Brandenburg stolz. Doch sie wissen auch, dass die Produzenten des Films trotz der Ovationen beim Filmfestival in Cannes, zahlreichen Auslandsverkäufen und 500 000 Zuschauern keine schwarzen Zahlen schreiben.

Das deutsche Fördersystem verhindert, dass diejenigen profitieren, die das künstlerische und wirtschaftliche Risiko tragen. Rund fünf Millionen Euro hat »Toni Erdmann« eingespielt. Ein Zehntel geht als Mehrwertsteuer und Abgaben an die Filmförderungsanstalt ab. Die Kinos bekommen rund 50 Prozent der Einnahmen, dann bekommt der Verleih 35 Prozent Pauschale und seine Vorkosten. Wenn noch eine Million übrig bleibt, müssen die Produzenten zunächst die Investoren auszahlen, die sich mit mindestens zwei Millionen Euro beteiligten.

Aus diesem Teufelskreis konnten allenfalls Til Schweiger oder die Constantin nach »Fuck Ju Göhte« ausbrechen. Nur sie können aus Gewinnen Eigenkapital bilden, um selbst Drehbücher zu entwickeln oder Grünes Licht für einen Dreh zu geben. Ihre Kollegen müssen jeden Euro bei Förderern beantragen, bei denen wiederum kein Projekt ohne die Beteiligung eines Fernsehsenders läuft.

Aufgrund dieses Systems kann das Medienboard Berlin-Brandenburg jedes Jahr eine stolze Bilanz präsentieren: für 2015 die Lolas für »Victoria« und den Oscar für »Bridge of Spies«. Und für jeden der knapp 23 Millionen Euro, den die Steuerzahler der Länder in Filme und Serien investieren, werden konstant fünf in der Region wieder ausgegeben.

Grundlegende Änderungen an dem System sind nicht in Sicht. Zu groß sind die Egoismen. Es fehlt Personal, das rücksichtlos das zersplitterte Fördersystem mit 18 Töpfen auf den Prüfstand stellt, damit die Breite an Talenten gefördert wird und die Spitze internationale Erfolge feiert.

Filme wie »Toni Erdmann« werden Zufallserfolge bleiben, auch weil jede Veränderung jahrelang diskutiert wird. Und wenn wie zuletzt mit dem Deutschen Filmförderfonds ein Modell etabliert wurde, steht es wie in Stein gemeißelt - auch wenn sich die Rahmenbedingungen ändern.

Brennende Probleme bleiben so seit Jahren ungelöst. Ende des Jahres soll aber endlich ein Eckpunktepapier zur Digitalisierung des Filmerbes stehen, bei dem Bundesregierung, Filmwirtschaft und Länder je ein Drittel der Kosten von zehn Millionen jährlich stemmen.

Schlimmer ist der Stillstand bei der Diskussion um die Zukunft einer Förderung, die dem Studio Babelsberg momentan kaum nützt und Unternehmen im Stich lässt, die sich auf dem weltweit umkämpften Markt der digitalen Produktion etablieren wollen. Länder von Kanada über Malta bis Litauen locken mit automatischen Steuerrabatten von bis zu 25 Prozent des Budgets, was in Deutschland lange kein Thema war.

Berlin und Brandenburg fordern solche Rabatte. Andere Bundesländer blockieren sie, weil dort wenig gedreht wird. Die Hauptbremser sitzen im Finanzministerium. Dabei haben Studien längst bewiesen, dass über die direkten Ausgaben während des Drehs sowie Steuern und Sozialabgaben ein Vielfaches der Steuererleichterungen zurück in die Kassen fließt.

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