Facebook zensiert Vietnam-Kriegsfoto

Norwegische Zeitung wirft Sozialem Netzwerk Machtmissbrauch vor / Streit um Richtlinien der Plattform

  • Lesedauer: 2 Min.

Frankfurt a.M. Die norwegische Zeitung »Aftenposten« hat Facebook im Streit um die Löschung eines historischen Kriegsfotos Machtmissbrauch vorgeworfen. Chefredakteur Espen Egil Hansen schrieb am Freitag auf der Titelseite der Zeitung, das Hamburger Facebook-Büro habe die Zeitung zunächst aufgefordert, einen Artikel mit dem berühmten Bild eines nackten Mädchens in Vietnam, das vor einem Napalm-Angriff flieht, nicht mehr zu zeigen. Das Unternehmen habe die Antwort der Zeitung nicht abgewartet, sondern den Artikel wenig später selbst gelöscht.

Zur Begründung habe Facebook erklärt, Bilder von nackten Genitalien dürften nicht gezeigt werden. »Hör mal Mark, das ist ernst«, schrieb Hansen an Facebook-Chef Mark Zuckerberg gewandt. »Erst erlässt du Regeln, die nicht zwischen Kinderpornografie und berühmten Kriegsfotos unterscheiden. Dann setzt du diese Regeln durch, ohne Raum für Abwägungen zu lassen.« Und dann zensiere Facebook auch noch Kritik und eine Diskussion über solche Entscheidungen.

Als Beispiel nannte Hansen den norwegischen Autor Tom Egeland, der vor einigen Wochen sieben Kriegsfotos bei Facebook gepostet habe, darunter auch das Bild der fliehenden Kim Phuc aus Vietnam. Auch damals wurde das Bild von Facebook gelöscht. Egeland habe diese Entscheidung kritisiert, prompt sei sein Account von Facebook blockiert worden. Er habe keine neuen Einträge veröffentlichen können.

»Lieber Mark, du bist der einflussreichste Herausgeber der Welt«, schrieb Hansen weiter. Selbst er als Chefredakteur der größten Zeitung in Norwegen müsse einsehen, dass Zuckerberg seinen Spielraum für redaktionelle Verantwortung beschränke. »Ich glaube, dass du deine Macht missbrauchst.«

Freie und unabhängige Medien hätten die wichtige Aufgabe, Informationen und auch Bilder zu veröffentlichen, die vielleicht unangenehm seien und die Regierung und manche Bürger nicht sehen oder hören wollten. Medien müssten jeden Einzelfall abwägen. Diese Aufgabe könne nicht von einem in Kalifornien programmierten Algorithmus übernommen werden.

Der Chefredakteur machte auch Vorschläge, wie Facebook es künftig besser machen könnte. In multikulturellen und multireligiösen Zeiten sei es unmöglich, universelle Regeln für Veröffentlichungen in dem Netzwerk zu erlassen, erklärte er. Facebook müsse daher in unterschiedlichen Weltregionen unterschiedliche Richtlinien erlassen und sollte auch zwischen Redakteuren und anderen Nutzern unterscheiden. Außerdem sei es derzeit noch zu schwierig, mit Facebook in einen Dialog zu treten, weil immer nur standardisierte Antworten zurückkämen. Agenturen/nd

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