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Trump, AfD und andere Leugner

Alberto Acosta über die Methoden großer Multis, den Kampf gegen den Klimawandel zu behindern

  • Lesedauer: 5 Min.

Im letzten Blog schrieb Eva über die AfD und deren Leugnung des Klimawandels. Um unbequeme Wahrheiten zu unterdrücken, weigern sich hier und da die unterschiedlichsten Gruppen, mal mehr und mal weniger gut organisiert, Beweise zu akzeptieren, die ihnen nicht in den Kram passen. Ob es sich dabei um eine empirisch belegbare Wirklichkeit handelt, ist diesen Leuten völlig egal. Doch haben wir es nur selten mit irrationalen Reaktionen zu tun. In den meisten Fällen verbergen sich dahinter knallharte Interessen.

In den Vereinigten Staaten leugnen »Kreationisten« Charles Darwin und Evolution. Dahinter stehen christliche Fundamentalisten. Andere Verweigerer der Wahrheit leugnen den Holocaust. Dahinter stehen faschistische Gruppen. Das historische Geschehen in Europa mit dem systematischen Morden Nazi-Deutschlands an Juden sowie Sinti und Roma habe nicht stattgefunden und sei stattdessen ein Mythos, eine Erfindung, ein Betrug durch die Propaganda des Zweiten Weltkrieges.

Und dann gibt es Leugner bei Themen, die für diese einfach nur störend sind. Gruppen, die sich zur Verteidigung ihrer Stellung, besser gesagt zur Verteidigung ihrer Privilegien – also gerade nicht aus Unwissenheit – gegen den wissenschaftlichen Konsens stellen, demzufolge die globale Erderwärmung real und durch menschliches Handeln verursacht ist. Sie lehnen die Ursache der schwerwiegenden Folgen ab, die die kapitalistische Zivilisation der Weltgesellschaft auferlegt. Wir haben es hier - Eva hat darüber geschrieben - mit Personen wie Donald Trump zu tun. Und mit Parteien wie der AfD. Auch florieren derartige Vorstellungen in den Führungsetagen nicht weniger Unternehmen, die mit ihren Investitionen schwerwiegende Umweltschäden verursachen und die sich jetzt Sorgen um die Zukunft ihrer Geschäfte machen.

Besorgniserregend ist an der Verweigerung, die nicht mehr übersehbaren Folgen des Klimawandels wahrnehmen zu wollen, dass so das angemessene Ergreifen konkreter Gegenmaßnahmen verhindert wird. Und wenn sie ergriffen werden, dann oft nur als Stückwerk oder ohne die erforderliche Kontinuität.

In der Welt der großen Bergbau- und Erdölfirmen ist diese Position eine Konstante. In ihrer Arroganz haben diese Unternehmen nicht einmal Hemmungen von »nachhaltigem« Bergbau zu sprechen, obwohl wir alle wissen, dass es so etwas überhaupt nicht geben kann. Die Warnungen von Wissenschaftlern und Umweltaktivisten spielen bei ihren Entscheidungen überhaupt keine Rolle. Anscheinend hören sie aber auch nicht auf Organisationen, die ihnen augenscheinlich nahestehen. Wie zum Beispiel die Internationale Energieagentur (IEA), die nun wirklich nicht im Verdacht steht, ein Öko zu sein.

Die 1974 von den wichtigsten Ländern der Organisation der erdölexportierenden Ländern (OPEC) gegründete IEA empfiehlt, nicht alle Reserven fossiler Brennstoffe zu fördern, wolle man die Atmosphäre nicht noch weiter mit CO2 anreichern. Die Agentur mit Sitz in Paris bestätigt, dass beim aktuellen Stand der Technik nur noch ein Drittel der gesicherten fossilen Reserven verbraucht werden dürfen, damit die globale Durchschnittstemperatur bis 2050 (bei einer Sicherheit von 50 Prozent) nicht über 2 Grad Celsius steigt. Bei 22 Prozent dieser Vorkommen handelt es sich um Erdöl, 15 Prozent Gas und der Rest ist Kohle. Laut IEA werde die Nachfrage für fossile Brennstoffe schon 2030 ihren Höhepunkt erreichen, danach werde es einen Rückgang geben, vor allem in den USA. Doch trotz dieser Erkenntnisse machen die Erdölfirmen weiter wie bisher.

Doch geht das Problem noch viel weiter. Viele große Multis beeinflussen die öffentliche Meinung mit »wissenschaftlichen« Informationen, um ihr Vorgehen zu untermauern. Es sei hier daran erinnert, dass die Privatisierung und wachsende Vermarktlichung von Wissen auf der Tagesordnung stehen. Weil sie hinter der Finanzierung und internationaler Anerkennung herlaufen, bieten viele Universitäten ein bestelltes Feld für die Durchdringung und Verbreitung von Inhalten, die für diese mächtigen Wirtschaftsgruppen von Vorteil sind, wobei bis zur Verschleierung der Wahrheit gegangen wird. So gibt es Lehrstühle, die von solchen Unternehmen finanziert werden, die sich auf das »Studium« von Agrotreibstoffen, Erdöl und Bergbau spezialisieren. Mit Akademikern, die sich dafür hergeben, diese Aktivitäten zu legitimieren. Die Debatte um Agrar-Gentechnik etwa birgt für dieses Vorgehen viel Anschauungsmaterial.

Bedauerliche ist: Diese Art der Finanzierung wird dazu genutzt, um aus den Reihen der Forschung Studien, die große Menschheitsprobleme benennen, zu entwerten oder sogar zu fälschen. Ein Beispiel sind die Untersuchungen zu den Folgen des Tabakkonsums, die versteckt, mindestens aber heruntergespielt werden sollten. Ziel war es, die Tabakindustrie vor Klagen zu schützen und Gesetze zur Kontrolle des Zigarettenkonsums zu verhindern. Dieser unvollständigen Liste können die anthropologischen und biologischen Studien hinzugefügt werden, die von Erdölfirmen in jenen Regionen finanziert werden, in denen sie Öl fördern, zum Beispiel im Amazonas. Die Erdölfirmen bewerben ihr »wissenschaftliches« Handeln als echten Beitrag zur Wissenschaft, doch wollen sie damit lediglich die soziale und ökologische Zerstörung ihrer eigenen extraktivistischen Aktivitäten beiseiteschieben.

Zweifelsohne ist diese Art der »Forschung« zunehmend abhängiger von den hegemonialen Kräften, funktional zur Kapitalakkumulation, die einzig und allein die systematische Aneignung der Natur und die Kontrolle strategischer Territorien im Blick hat.

Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass wir es auch da, wo es oft nicht sofort zu sehen ist, mit einer Art akademischen Wüste zu tun haben, in der keine echte Debatte wächst und wo die echte Wissenschaft mit Gewalt ins Exil gestoßen wurde. In einem solchen Umfeld ist es sehr schwer, gegen den Strom zu schwimmen und Verbindungen zu aufstrebenden Realitäten herzustellen, die zum Beispiel das traditionelle Konzept von Fortschritt mit seiner produktivistischen Tendenz und von Entwicklung als einzige Richtung, vor allem mit seiner mechanistischen Vision von Wirtschaftswachstum, in Frage stellen. In einem solchen Umfeld versperren sich auch Türen zum Wissen anderer Kulturräume, wie das der indigenen Völker.

Das Einzige, was im Kapitalismus zählt, möchte ich mit den Worten von Rosa Luxemburg veranschaulichen: »Der Akkumulationsprozeß hat die Bestrebung, überall an Stelle der einfachen Warenwirtschaft die kapitalistische Wirtschaft zu setzen, die Kapitalproduktion als die einzige und ausschließliche Produktionsweise in sämtlichen Ländern und Zweigen zur absoluten Herrschaft zu bringen.« Um dieses Ziel zu erreichen ist es nicht wichtig, dass die Wahrheit verneint oder gefälscht wird, mit all den Folgen, die das mit sich bringt.

Übersetzung: Benjamin Beutler

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