Bündnis: Wir waren 320.000 gegen TTIP und CETA

Polizei zählt weniger Teilnehmer bei Demos gegen soziale, ökologische und demokratische Folgen der Handelsabkommen / EU wirft Kritikern »Lügen« vor

  • Lesedauer: 14 Min.

Update 15.10 Uhr: Veranstalter zählen 320.000 Teilnehmer
Laut dem veranstaltenden Bündnis haben am Samstag in sieben Städten insgesamt 320.000 Menschen an den Protestaktionen gegen TTIP und CETA teilgenommen. Laut dem Bündnis aus 30 Organisationen kamen 65.000 in Hamburg zusammen, in Köln waren es 55.000, in Berlin rund 70.000 Teilnehmer, in München protestieren 25.000, in Frankfurt am Main 50.000, in Stuttgart etwa 40.000 und in Leipzig demnach 15.000 Menschen. Die Polizei hatte geringere Zahlen gemeldet. Der Grünen-Politiker Sven Giegold sagte, Die Demonstrationen seien »ein gigantischer Erfolg. Das ist eine riesige Bewegung für Demokratie und fairen Handel«, so der Europaabgeordnete. Greenpeace kommentierte die Teilnehmerzahlen mit einem schlichten »Wow«. Teilweise äußerten Beobachter allerdings, die von den Organisatoren gemeldeten Zahlen seien zu hoch gegriffen. Auch die Polizei kam zum Teil auf deutlich niedrigere Zahlen; insgesamt nahmen demnach an den Kundgebungen knapp 190.000 Menschen teil.

Beim globalisierungskritischen Netzwerk Attac hieß es dennoch, die Teilnehmerzahl »übertraf die Erwartungen des bundesweiten Demobündnisses deutlich«. Wie viele es nun auch im Detail gewesen sein mögen, die Organisatoren sehen sich »noch einmal bekräftigt: Die Bundesregierung muss endlich die Notbremse ziehen und das Nein der Bürgerinnen und Bürgerinnen zu CETA und TTIP respektieren«. Beide Abkommen würden »eine konzernfreundliche Paralleljustiz« schaffen, »beide sind eine Gefahr für die Demokratie, für Sozial- und Umweltstandards und die öffentliche Daseinsvorsorge, beide müssen gestoppt werden. CETA bedeutet TTIP durch die Hintertür. Die Bürgerinnen und Bürger wissen das«, so das Bündnis. Die Regierung wurde aufgefordert, »TTIP offiziell zu beenden und CETA weder zu ratifizieren, noch anzuwenden. Das Abkommen mit Kanada darf in keinem Fall vorläufig angewendet werden, bevor die nationalen Parlamente darüber abgestimmt haben«, so die Kritiker. Sie bezeichneten den massenhaften Protest als »ein deutliches Zeichen, dass der Versuch von Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel gescheitert ist, der Bevölkerung das geplante Abkommen mit Kanada als harmlos zu verkaufen«.

Die französische Sozialdemokratin Marie-Noëlle Lienemann von der Parti socialiste sagte in Berlin, »hier in Europa aber auch in de USA erheben sich immer mehr Stimmen gegen diesen Freihandel«. Sie sei am Samstag nach Berlin gekommen, um die Überzeugung der französischen Linken zu bekräftigen, »dass die TTIP-Verhandlungen beendet werden müssen«. Die kritischen Kräfte müssten von den jeweiligen Regierungen verlangen, dass sie die EU-Kommission zu einem Abbruch der Gespräche über TTIP bewegen. Und: »Unsere Parlamente dürfen das Abkommen nicht ratifizieren.« In Frankreich scheine TTIP bereits »der Todesschuss versetzt worden zu sein«. Bei CETA sei dies noch nicht der Fall, aber auch dieses Abkommen sei »genauso zerstörerisch«. Mit Blick auf den Staatspräsidenten Francois Hollande sagte sie, bei TTIP musste er »anerkennen, dass die Kritik der Gewerkschaften und der Linken richtig war«. Bei CETA müsse »er noch zur Vernunft kommen«. Aber linke Kräfte, die Kommunisten, die Grünen, die Gewerkschaften seien in Frankreich bereits »mobilisiert, um CETA noch zu verhindern. Es wird uns gesagt: Wir können CETA nicht ablehnen, weil die Deutschen es annehmen. Aber heute sind wir vereint und fordern gemeinsam«, die Abkommen zu stoppen.

Update 14.50 Uhr: 15.000 in Frankfurt, Rechtsradikale mit Schlagstöcken
Am Rande der Demonstration gegen TTIP und CETA hat die Polizei »acht, teils rechtsmotivierte Personen festgestellt, die Schlagstöcke dabei hatten«. Sie wurden des Platzes verwiesen. An der Demonstration nehmen zur Stunde laut der Polizei rund 15.000 Menschen teil. Wörtlich heißt es bei den Sicherheitskräften: »Die friedliche Demonstration TTIP in Frankfurt erstreckt sich durch die halbe Innenstadt.«

Update 13.45 Uhr: Mindestens 10.000 in München auf der Straße
Kritiker haben am Samstag auch in München gegen die geplanten Freihandelsabkommen CETA und TTIP protestiert. Die Polizei sprach von mindestens 10.000 Teilnehmern und von einem weiter starken Zulauf zu der Protestaktion. Schon zuvor waren aus Köln 10.000, aus Hamburg 6.000 und aus Frankfurt 5.000 Teilnehmer von der Polizei gemeldet worden. In Berlin waren zum Start der Demonstration etwa 30.000 Menschen gekommen. Die Veranstalter schätzten die Teilnehmerzahlen deutlich höher als die Polizei, wollten aber erst am Nachmittag konkrete Angaben machen.

Update 13.35 Uhr: Greenpeace-Transpi ärgert Kölner Polizei
Greenpeace hat in Köln an die Deutzer Brücke ein riesiges Transparent gehängt - Aufschrift: »Stopp CETA und TTIP«. Die Polizei sei »nicht begeistert«, heißt es beim WDR. Man wolle das Plakat erst abhängen, bevor der Demonstrationszug startet heißt es. Es kommt zu Verzögerungen, dann laufen die Menschen los. Das Greenpeace-Plakat aber: Es hängt immer noch da.

Update 13.10 Uhr: Polizei zählt bereits mindestens 50.000
Die ersten Zahlenspiele machen die Runde. Bei der Deutschen Presse-Agentur klingt das einmal so: »Trotz Regens sind in Berlin zehntausende Menschen zur Anti-TTIP-Demonstration zusammengekommen.« Die Polizei hat hier is zum frühen Mittag mehr als 30.000 Protestierende zwischen dem Strausberger Platz und dem Alexanderplatz gezählt, angemeldet sind 100.000 Menschen. Dieselbe Nachrichtenagentur schreib an anderer Stelle: »Die bundesweiten Demonstrationen gegen die geplanten Handelsabkommen TTIP und CETA sind mit deutlich weniger Teilnehmern gestartet als von den Veranstaltern erwartet.« Die Polizei meldete zudem aus Köln 10.000, aus Hamburg 6.000 und aus Frankfurt 5.000 Teilnehmer. Demonstrationen gibt es auch in Leipzig, München und Stuttgart. Die Veranstalter schätzten die Teilnehmerzahlen deutlich höher als die Polizei, wollten aber erst am Nachmittag konkrete Angaben machen.

Update 12.50 Uhr: Was treibt die Demonstranten in Berlin?
Johannes Philipp ist einer der vielen Demonstranten in Berlin. Warum ist er gekommen? »TTIP und CETA sind wichtige Themen«, sagt er. Die damit beförderte Handelsordnung sei »unfair gegenüber den Ländern der Dritten Welt. Ich bin für eine globale Umverteilung. Armut ist ein Fluchtgrund«, sagt Philipp. Und er verweist auf die umstrittenen Schiedsgerichte: Dadurch werde »der demokratische Staat quasi ausgehebelt, das darf nicht passieren«. Maike ist aus Potsdam angereist und geht an diesem Samstag »für einen fairen Handel, für Transparenz und Demokratie« auf die Straße. »Ich habe Angst, dass Umweltstandards abgeschafft werden, wenn TTIP durchkommt«, sagt sie. Norbert Tilegant ist zur Kundgebung gekommen, weil er glaubt, »die Handelsschranken, die es noch gibt«, würden durch TTIP und CETA »aufgehoben. Wir als kleine Arbeiter werden davon gar nicht profitieren. Dann haben wir hier nichts zu lachen«, sagt der Mann, der eine Russlandfahne und eine Friedensflagge mitgebracht hat. Warum? »Russland muss zur EU gehören«, sagt Tilegant. »Wir müssen mit Russland Frieden halten und enger kooperieren.« Er verweist auf die Rohstoffe, die Deutschland aus dem Land bezieht. Und er sagt: »Wir sollten nicht nur TTIP verhindern, sondern auch die Kriege und die Kriegsvorbereitung gegen Russland stoppen«. Jörg ist mit einem großen Pappschild gekommen: »Meine Frau ist auch dagegen«, steht darauf. Warum sie nicht in Berlin dabei ist? »Die muss auf die Hunde aufpassen.«

Johannes Philipp ist einer der vielen Demonstranten in Berlin.
Johannes Philipp ist einer der vielen Demonstranten in Berlin.

Update 12.50 Uhr: Nichts gegen Verträge, aber gegen Konzernsonderrechte
Ulrich Schneider vom Paritätischen Wohlfahrtsverband richtet in Berlin seine Kritik auch in Richtung der SPD: Es könne nicht angehen, »dass einige SPD-Funktionäre einem Handelsminister ein Mandat mitgeben. Die Bevölkerung muss Gabriel das Mandat mitgeben. Und das tun wir heute«, sagte Schneider mit Blick auf die Demonstration in Berlin. Und immer wieder heißt es auf der Kundgebung in der östlichen Mitte der Hauptstadt: »Wir haben nichts gegen Verträge mit den USA oder Kanada, aber wir haben etwas gegen Sonderrechte für Konzerne.«

Maike aus Potsdam ist auch dabei.
Maike aus Potsdam ist auch dabei.

Update 12.30 Uhr: Grüne wollen CETA über den Bundestag stoppen
Die Grünen wollen das Ceta-Freihandelsabkommen der EU mit Kanada im Bundestag zur Abstimmung stellen. Das geht aus einem Entschließungsantrag der Bundestagsfraktion für die Parlamentssitzung am Donnerstag hervor, der dem »Handelsblatt« vorliegt. »TTIP und CETA gehören gestoppt. Sie haben mit einem fairen Welthandel nichts zu tun«, sagte Grünen-Fraktionschef Anton Hofreiter am Samstag in Berlin. Die Abkommen stünden für Klageprivilegien, Dumping-Standards und machten die Globalisierung ungerechter. »Tausende setzen heute bundesweit ein klares Zeichen: Wer gegen TTIP ist, muss auch CETA ablehnen. Da führt kein Weg dran vorbei«, sagte Hofreiter. In dem Entschließungsantrag der Grünen wird die Bundesregierung dem Bericht zufolge aufgefordert, den CETA-Vertrag im Rat der Europäischen Union abzulehnen und seine vorläufige Anwendung nicht zu genehmigen. Eine Vertiefung der Handelsbeziehungen mit Kanada sei zwar wünschenswert, zitiert das »Handelsblatt« aus dem Antrag. »Allerdings müssen Handelsabkommen transparent verhandelt und nach sozialen, ökologischen und menschenrechtlichen Kriterien fair ausgerichtet sein.« Zudem dürften etablierte demokratische und rechtsstaatliche Institutionen und die Handlungsspielräume in der kommunalen Daseinsvorsorge nicht infrage gestellt werden.

Update 12.10 Uhr: Start unter Platzregen in Berlin
In Berlin ist zum Start der Auftaktkundgebung der Demonstration gegen TTIP und CETA von starkem Platzregen begleitet. Die Demonstranten suchen Schutz unter Vorsprüngen und in Hauseingängen. Michael Müller von den Naturfreunden spricht zu Beginn und richtet einen deutlichen Appell zur politischen Ausrichtung der Proteste: Man sage Nein zur Rechtsaußenpartei AfD, die aus verstaubten Löchern kommt und nationalistische Propaganda verbreitet. Die Kritiker von TTIP und CETA dagegen würden sich für sozialen und ökologischen Fortschritt einsetzen. Die Politik müsse aus der Finanzkrise von 2008 und den Folgejahren endlich lernen: »Unsere Welt braucht Regulierung und Gestaltung.« Müller verwies auch darauf, dass die Freihandelsverträge dem Klimaabkommen von Paris entgegen stünden. Müller, der selbst für die SPD im Bundestag saß, äußerte sich zudem enttäuscht über die Sozialdemokraten. TTIP und CETA eigneten sich nicht für innerparteiliche Machtfragen, sagte er. Doro Zinke vom DGB Berlin-Brandenburg sagte, »wir haben noch nicht gewonnen. Wir müssen Überzeugungsarbeit leisten in den Parteien«. Den Menschen würde erzählt, es gebe mehr Arbeitsplätze durch die Freihandelsabkommen. »Das ist ein Irrtum«, so Zinke. Laut den Abkommen würden Investitionen vor Regelungen der Staaten gehen, die für Arbeitsschutz, Arbeitsrecht und Sozialversicherungssystem gelten. Der Investitionsschutz dürfe nicht höher rangieren als die Arbeitsrechte, warnte die Gewerkschafterin. Es dürfe zudem nicht sein, dass der öffentliche Bereich zugunsten des privaten zurückstecken soll. Über Rekommunalisierung etwa müsse die Politik auch in Zukunft entscheiden dürfen. »Wir wollen, dass Politiker politische Regelungen treffen, dass Parlamente wieder ernst genommen werden«, sagte Zinke. Thilo Bode von der Organisation Foodwatch sprach sich in Berlin nicht gegen freien Handel, sondern gegen diese Abkommen aus. Wirtschaftsminister Gabriel solle aufhören, sich für die Profite der Konzerne einzusetzen - sondern den Bürgern dienen. Der SPD-Politiker Jan Stöß sagte, er habe im SPD-Vorstand als einziger gegen die Linie zum CETA-Abkommen gestimmt. Am Montag beim Konvent der Sozialdemokraten, da sei er überzeugt, »werde ich nicht mehr der Einzige sein«.

Bündnis: Wir waren 320.000 gegen TTIP und CETA

Update 10.50 Uhr: Außenhandelslobby: TTIP-Kritiker gefährden Deutschland
Wenn gar nichts mehr gegen die Opposition hilft, behauptet man einfach, sie gefährde Deutschland. So macht es jedenfalls der Präsident der Außenhandelslobby, Anton F. Börner. »Wider besseres Wissen wird weiterhin gegen TTIP und CETA Fundamentalopposition betrieben. Den Organisatoren geht es nicht um Aufklärung und das Wohl des Bürgers«, heißt es in einer Erklärung unter der Überschrift »Anti-TTIP- und CETA-Organisationen gefährden Deutschlands Zukunft«. Er »sehe mit großer Sorge und Unverständnis, dass es protektionistischen Kräften in Deutschland gelingt, die Bevölkerung gegen ihr eigenes Erfolgsmodell auf die Straße zu locken«, so Börner. Und wie endet seine alarmistische Erklärung? Mit der Forderung, dass »in die innenpolitische Debatte endlich Sachlichkeit und Sachverstand Einzug« finden sollen.

Update 10.15 Uhr: Res privata oder Res publica? Ein Kommentar
Nein, es geht hier nicht um Chlorhühnchen. Auch nicht um Sigmar Gabriel. Es geht nicht um angebliche Gefahren für Wachstum und Wohlstand. Und wer in den Chor einstimmt, der das Böse immer hinter dem großen Teich lauern sieht, liegt so falsch wie diejenigen, die die Kritiker der umstrittenen Abkommen TTIP und CETA, die am Samstag in sieben Städten auf die Straße gehen wollen, als »Ideologen« brandmarken. Es geht um uns, den demokratischen Souverän. Res privata oder Res publica, das ist die Frage. Und da die Regierung hier nicht in ihrem eigenen Interesse zu handeln imstande ist, muss es eben der Souverän selber tun – auf der Straße. Ein Kommentar von Chefredakteur Tom Strohschneider.

Update 9.50 Uhr: SPD-Juristen gegen CETA-Ja
Der Freihandelsstreit in der SPD hat eine lange Geschichte. Bereits vor zwei Jahren war Sigmar Gabriel, der die Abkommen der EU mit den USA und Kanada, TTIP und CETA, grundsätzlich befürwortete, mit Vertretern der SPD-Linken im Parteivorstand heftig aneinandergeraten. Letztlich wurde bei dem Parteikonvent Ende September 2014 ein Kompromiss geschlossen. Die SPD stellte diverse Bedingungen an die Vertragstexte. Inzwischen stocken die Verhandlungen zu TTIP. Dagegen wurden die Gespräche zu CETA abgeschlossen. Ende Oktober soll das Papier beim EU-Kanada-Gipfel unterzeichnet werden. Zuvor wird am Montag ein weiterer Parteikonvent der SPD in Wolfsburg darüber entscheiden, ob das Abkommen den Anforderungen der Sozialdemokraten entspricht. Nach Ansicht des Parteivorstands steht einer vorläufigen Anwendung von Teilen des Vertrags nichts im Weg. Dabei ignorieren die Genossen eine ebenfalls in diesem Sommer erschienene Analyse von sozialdemokratischen Juristen und Sozialwissenschaftlern aus Nordrhein-Westfalen zu CETA, die weitaus kritischer ist. Aert van Riel hat sich das mal angeschaut.

Update 9 Uhr: Malmström und Barley kritisieren Demonstranten
Was haben der Alexanderplatz in Berlin, die Deutzer Werft in Köln und der Stuttgarter Hauptbahnhof gemeinsam? Dort starten heute Vormittag Demonstrationen der Kritiker von TTIP und CETA - so wie auch in Hamburg, Leipzig, München und Frankfurt am Main. Bundesweit werden bis zu 250.000 Menschen erwartet, heißt es vorab in den Nachrichtenagenturen. Zu dem Protestbündnis »CETA und TTIP stoppen« gehören rund 30 Organisationen, zu denen unter anderem Verbraucher- und Umweltschutzorganisationen, Gewerkschaften, Sozialverbände sowie Nichtregierungsorganisationen zählen. Das CETA-Abkommen der EU mit Kanada steht kurz vor dem Abschluss und soll Ende Oktober unterzeichnet werden. Es gilt als Blaupause für das ebenfalls umstrittene TTIP-Abkommen. Zuletzt waren im vergangenen Oktober 150.000 Menschen in Berlin gegen TTIP und CETA auf die Straße. »Seither ist der Widerstand gegen die Freihandelsabkommen nicht geringer geworden. Die zuständige EU-Kommissarin hat wenig Verständnis für die Proteste«, schreibt eine Nachrichtenagentur.

Die Befürworter versuchen derweil mit Vorwürfen die Stimmung zu wenden: EU-Handelskommissarin Cecilia Malmström hat die angestrebten Handelsabkommen mit den USA und Kanada vehement verteidigt. In der Debatte gebe es »viele Missverständnisse, Schauermärchen und Lügen«, behauptete sie in der »Bild«-Zeitung. Viele TTIP-Gegner hielten es mit der Wahrheit und Fakten nicht so genau. Manche Gruppen wären gegen jedes Handelsabkommen, »selbst wenn es Freibier für alle bedeutete«. Auch SPD-Generalsekretärin Katarina Barley kritisierte den anhaltenden Widerstand. »Teile der Öffentlichkeit haben sich schon vor langer Zeit festgelegt, CETA abzulehnen. Das ist schwierig, weil dadurch die wirklich positiven Entwicklungen der letzten Monate gar nicht mehr nachvollzogen wurden«, sagte Barley der Funke Mediengruppe.

Nirgendwo in Europa ist der Widerstand in der Bevölkerung gegen TTIP und Ceta so stark wie in der Bundesrepublik. Die Kritiker befürchten, dass dadurch Umwelt- und Sozialstandards ausgehöhlt werden. Darüber hinaus würden Sonderrechte für ausländische Investoren geschaffen und demokratische Grundprinzipien verletzt.

Malmström appellierte an die Regierungen der EU-Staaten, mehr für TTIP zu werben. »Sie waren es ja, die uns beauftragt haben, mit Amerika zu verhandeln. Jetzt müssen sie den Menschen erklären, warum es ein gutes Abkommen werden wird«, sagte die Schwedin. Befürworter versprechen sich von den Freihandelsabkommen eine Ankurbelung des Wirtschaftswachstums und die Schaffung neuer Arbeitsplätze. Einen schnellen Abschluss der Verhandlungen erwartet allerdings auch die EU-Kommission nicht mehr.

Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel hatte TTIP kürzlich für gescheitert erklärt, für CETA setzt sich der Vizekanzler und SPD-Vorsitzende aber weiter ein. Nach einem Kurzbesuch Gabriels am Donnerstag beim kanadischen Regierungschef Justin Trudeau erklärte das Bundeswirtschaftsministerium, Kanada sei zu rechtsverbindlichen Klarstellungen beim Ceta-Abkommen mit der EU bereit. Am Montag wollen die Sozialdemokraten auf einem kleinen Parteitag in Wolfsburg darüber abstimmen, ob sie das Abkommen mittragen. Die Verbraucherorganisation Foodwatch wertete Gabriels Nachbesserungsversprechen als unglaubwürdig. Es sei unseriös, dass der Minister erst einen schlechten Vertrag unterzeichnen wolle, »um hinterher mal zu schauen, ob man ihn später irgendwann vielleicht noch zu einem guten Vertrag machen kann«.

Auch Linkspartei und Grüne im Bundestag sind gegen CETA. Der stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Linken, Klaus Ernst, warf Gabriel vor, er liefere nur eine »große Illusionsshow«. Sein einziges Ziel sei, vom SPD-Konvent grünes Licht für den Handelsministerrat zu bekommen. »Es bleibt zu hoffen, dass sich Gabriels Genossen davon nicht verhexen lassen«. Grünen-Chefin Simone Peter rief Gabriel auf, den Genossen keinen Sand in die Augen zu streuen. »In Montreal gezimmerte Formelkompromisse können die gewaltigen Risiken des Ceta-Abkommens nicht überdecken.« nd/Agenturen

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