Antiolympisches Schaulaufen
Die NHL will ihre Spieler 2018 nicht freigeben und veranstaltet ein Ersatzturnier, dabei spielt sich ein Deutscher ins Rampenlicht
Toronto. Für Leon Draisaitl war dieses Tor keine große Sache. »Ich hatte Glück, dass der Schuss drin war«, sagte der Stürmer bescheiden, nachdem er das Team Europa beim Eishockey World Cup zum Sieg gegen Tschechien geschossen hatte. Sein Trainer war weniger zurückhaltend. »Draisaitl hat die Sahne auf die Torte gepackt«, lobte Ralph Krueger den Mann des Tages. Für den Trainer war der Treffer des Kölners zum 3:2 in der Verlängerung eine Erlösung, sein Team hatte in Toronto zuvor seine Überlegenheit über 60 Minuten nicht nutzen können. Am Ende spielte das zum Glück keine Rolle mehr.
Dem aus acht Nationen zusammengewürfelten Außenseiterhaufen ist ein perfekter Start in das nach zwölf Jahren wiederbelebte Turnier gelungen. Zum Auftakt hatten die Europäer schon die US-Stars mit 3:0 bezwungen, zum Abschluss der Vorrunde wartet Olympiasieger Kanada.
»Wir haben ein verdammt gutes Spiel gemacht und hätten einen höheren Sieg verdient gehabt«, meinte Krueger, doch seine Mannschaft wurde erst spät durch Draisaitls Flachschuss ins linke untere Toreck belohnt. »Ich war zu 90 Prozent sicher, dass er ihn reinmacht«, sagte der slowenische Star Anze Kopitar und zeigte sich von der Form seines Kollegen beeindruckt. »So wie er unterwegs ist, können ihn nicht viele stoppen.« Für den 20-jährigen Deutschen war es schon das zweite Tor beim World Cup.
Gegen Tschechien standen neben Draisaitl noch drei weitere Deutsche auf dem Eis: Angreifer Tobias Rieder sowie die Verteidiger Christian Ehrhoff und Dennis Seidenberg wollen sich in Kanada für einen neuen Vertrag in der National Hockey League (NHL) empfehlen. »Es gibt noch keine unterschriftsreifen Angebote, aber interessierte Teams. Die wollen jetzt abwarten, wie ich mich beim World Cup verkaufe«, berichtete Ehrhoff.
Ohnehin ist dieser zum dritten Mal nach 1996 und 2004 ausgetragene World Cup of Hockey ein Schaulaufen der stärksten Liga der Welt. Wie bei Olympia - aber anders als bei der jährlich gespielten WM - sind alle NHL-Stars dabei, um für Kanada, Schweden, Russland, Tschechien, die USA, Finnland, Europa oder Nordamerika - eine Auswahl an talentierten U23-Profis - zu spielen.
Dahinter steckt auch der geplante Rückzug der NHL von Olympia. Die Klubbesitzer wollen ihre Spieler 2018 nicht nach Pyeongchang schicken, wenn nicht das Internationale Olympische Komitee alle Kosten übernimmt. Als Drohung wird nun mit dem World Cup ein »Ersatzolympia« veranstaltet, das in Amerika als das einzig wahre Turnier der Besten verkauft wird. Wer braucht dann noch Olympische Spiele? Agenturen/nd
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