CDU-Politiker fordert das nächste Anti-Asylpaket
Spahn will mehr Abschiebungen erreichen: »Hindernisse finden und wegräumen« / Regierung wirft Ärzten Abschiebe-Verhinderung vor
Berlin. CDU-Präsidiumsmitglied Jens Spahn hat ein weiteres Gesetzespaket zum Asylrecht gefordert, um mehr Abschiebungen von abgelehnten Asylbewerbern zu erreichen. »Es ist echt zum Haareraufen, dass zigtausende Menschen, die Deutschland eigentlich längst verlassen haben müssten, teils jahrelang trotzdem hierbleiben und Sozialleistungen bekommen«, sagte er der »Rheinischen Post«. Spahn weiter: »Wir müssen kleinste rechtliche und faktische Hindernisse, die Abschiebungen in der Praxis erschweren, finden und wegräumen. Da ließe sich sicher ein Paket an Maßnahmen schnüren.«
Zuvor hatte die Große Koalition der Ärzteschaft vorgeworfen, mit falschen Attesten Abschiebungen zu verhindern. Es werde eine »Vielzahl von Attesten vorgelegt, die auffallen, weil immer wieder die gleichen Ärzte mit gleichlautendem Inhalt oder fehlender fundierter Begründung Reiseunfähigkeit attestieren«, heißt es in der Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage der Linkspartei, die der »Frankfurter Allgemeinen Zeitung« vorliegt. Die Bundesärztekammer wehrte sich gegen die Vorwürfe. Der Präsident der Bundesärztekammer, Frank Ulrich Montgomery, sagte der Zeitung, der Ärztekammer lägen keine Statistiken zu ärztlichen Gutachten in Abschiebeverfahren vor. »Auch vonseiten der Bundesregierung konnten keine bundesweiten Zahlen genannt werden, die Vorwürfe von Gefälligkeitsgutachten in Abschiebeverfahren untermauern würden«, sagte der Mediziner.
In der Antwort der Bundesregierung auf die Anfrage der Linken heißt es, eine größere Anzahl Atteste enthalte häufig gleich zu Beginn der Ausführungen Formulierungen wie »Verdachtsdiagnose«, woran sich das Votum anschließe, es solle »keine Abschiebung erzwungen werden«. Montgomery erklärte dazu: »Statt Spekulationen über mögliche Gefälligkeitsgutachten abzugeben, muss dafür gesorgt werden, dass die Voraussetzungen für die Gutachtenerstellung stimmen.« Ärzte benötigten für eine gründliche Diagnose körperlicher und seelischer Krankheiten ausreichend Zeit. Wichtig sei auch die fachliche Qualifikation der Gutachter.
Ende Juni lebten nach Angaben der Bundesregierung fast 550.000 rechtskräftig abgelehnte Asylsuchende in Deutschland, 406.000 hielten sich seit mehr als sechs Jahren im Land auf. Knapp die Hälfte der abgelehnten Asylbewerber hatte ein unbefristetes Aufenthaltsrecht, gut ein Drittel ein befristetes. Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) und die Länder haben eine Untersuchung in Auftrag gegeben, die Aufschluss über sogenannte Rückführungshindernisse und Vollzugsdefizite geben soll. Ergebnisse sollen Ende September vorliegen.
Der Deutsche Ärztetag hatte im Frühjahr beklagt, dass die neuen Regelungen zum beschleunigten Asylverfahren zum Beispiel für Menschen aus sogenannten »sicheren Herkunftsstaaten« kaum die Möglichkeit lasse, akute oder chronische Erkrankungen in der kurzen Bearbeitungsfrist sicher diagnostizieren noch ausschließen lassen. Agenturen/nd
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