»Facebook missbraucht skrupellos seine Marktmacht«

Kritik an Weitergabe von WhatsApp-Nutzerinformationen an den Social-Media-Riesen

  • Florian Brand
  • Lesedauer: 3 Min.

Im Streit um die Weitergabe von WhatsApp-Nutzerdaten an Facebook hat das Bundesministerium für Justiz und Verbraucherschutz dem Konzern Vertrauensbruch vorgeworfen. »KundInnen haben ein Recht auf ihre Daten, und dass damit sorgsam umgegangen wird«, sagte Staatssekretär Ulrich Kelber (SPD) auf Anfrage des »nd«. »Die Whatsapp-NutzerInnen haben beim Eigentümerwechsel hin zu Facebook darauf vertraut, dass kein Datenaustausch erfolgt. Facebook hat sein Versprechen leider nicht eingehalten.«

»Die Datenweitergabe von WhatsApp an Facebook zeigt, dass in Zeiten von Big Data viele VerbraucherInnen die Hoheit über ihre Daten verloren haben«, sagte die Grünen-Sprecherin für Verbraucherschutz, Nicole Maisch dem »nd«. »Facebook hat vermutlich Zugriff auf neun Millionen Nutzedaten von Whatsapp genommen«, hieß es weiter. »Hier missbraucht ein Konzern skrupellos seine Marktmacht«. Heiko Maas sei aufgefordert zu zeigen, wie er Datenschutz und Datensouveränität in sozialen Netzwerken verteidigen will, so Maisch weiter.

Am Dienstag hatte Hamburgs Datenschutzbeauftragter Johannes Caspar per Verwaltungsanordnung WhatsApp verboten, Daten der NutzerInnen, wie Telefonnummern und Nutzungsdauer, zu erheben, zu speichern und an Facebook weiterzugeben. Der Social Media-Betreiber kündigte daraufhin an, gegen die Anordnung Widerspruch einzulegen. Staatssekretär Kelber sagte dazu: »Wir werden die Reaktion Facebooks sowohl auf das Vorgehen des Hamburger Datenschutzbeauftragten als auch auf die Klage der Verbraucherzentrale sehr genau beobachten.«

In der vergangenen Woche war eine zweiwöchige Frist des Bundesverbands der Verbraucherzentrale (vzbv) verstrichen. WhatsApp wurde zuvor aufgefordert, eine Unterlassungserklärung abzugeben, keine Daten mit Facebook auszutauschen. Der vzbv kündigte im Falle eines Versäumnisses an, juristische Konsequenzen gegen WhatsApp einleiten zu wollen.

Nach Einschätzung von Verbraucherschützer Caspar seien die beiden Konzerne selbstständige Unternehmen. Nach dem Erwerb von WhatsApp durch Facebook vor zwei Jahren hätten beide öffentlich zugesichert, dass die Daten der NutzerInnen nicht miteinander ausgetauscht würden. Dass dies nun doch geschehe, sei nicht nur Irreführung der Kunden, sondern auch ein Verstoß gegen das nationale Datenschutzrecht, erklärte Caspar. Facebook habe weder eine wirksame Einwilligung von den WhatsApp-NutzerInnen eingeholt, noch gebe es eine gesetzliche Grundlage für den Datenempfang.

Wörtlich heißt es in den aktuellen WhatsApp-AGBs: »Du stellst uns regelmäßig die Telefonnummern von WhatsApp-Nutzern und deinen sonstigen Kontakten in deinem Mobiltelefon-Adressbuch zur Verfügung. Du bestätigst, dass du autorisiert bist, uns solche Telefonnummern zur Verfügung zu stellen, damit wir unsere Dienste anbieten können.« Diese Erklärung sei jedoch rechtlich unwirksam, so Caspar, da WhatsApp nach geltendem Recht nicht autorisiert sei, Informationen über Dritte aus dem Adressbuch der NutzerInnen einzuziehen. Es sei zudem nicht nachvollziehbar, welche Kunden tatsächlich ihr Einverständnis zur Datenweitergabe gegeben hätten; in vielen Fällen sei dies auch gar nicht möglich.

»Facebook hat natürlich ein wirtschaftliches Interesse daran, nach der Übernahme von WhatsApp aus diesem Deal Profit zu schlagen«, erklärte Philipp Vergin, Mitarbeiter des LINKEN-Bundestagsabgeordneten Jan Korte, gegenüber »nd«. Unmittelbaren Handlungsbedarf sieht Vergin jedoch vorerst nicht. Man beobachte die laufenden Verfahren und reagiere gegebenenfalls, sollte wider Erwarten dem Einspruch Facebooks gegen die Verwaltungsanordnung stattgegeben werden. Fragwürdig sei jedoch, wie künftig kontrolliert werden solle, ob sich Facebook und WhatsApp tatsächlich an das Verbot zur Datenweitergabe halten, sagte Vergin.

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