IWF erwartet schleppende Konjunkturerholung
Ausblick des Fonds sieht schwaches Wachstum / USA eines der Sorgenkinder
Das weltweite Wachstum bleibt schwach – in diesem wie auch im nächsten Jahr. Das ist die Botschaft der aktuellen Ausgabe des »World Economic Outlook«, den die Ökonomen des Internationalen Währungsfonds (IWF) immer im Vorfeld der halbjährlich stattfindenden Tagungen der Finanzinstitution präsentieren. Sie prognostizieren diesmal ein Plus von 3,1 Prozent für 2016 und eine leichte Beschleunigung auf 3,4 Prozent für 2017, vor allem da sich die Perspektiven in Schwellenländern leicht aufhellen und wieder steigende Rohstoffpreise die Entwicklungsländer stützen.
Der IWF hat seine vorherige Prognose in den Details teils erheblich revidiert. Insbesondere die USA sind derzeit ihr Sorgenkind – mit einem Plus von nur noch 1,6 Prozent des Bruttoinlandsproduktes (BIP). Besser als zuvor erwartet läuft es dagegen in der EU. Insbesondere der befürchtete Post-Brexit-Crash ist ausgeblieben. Erstaunlicherweise ist Großbritannien unter den G7-Staaten in diesem Jahr Wachstumsspitzenreiter – mit 1,8 Prozent liegt man aber nur unwesentlich über den anderen. Eine erklärbare Entwicklung: Die Geldspritzen der Notenbank halfen ebenso wie die deutliche Abwertung des Pfund auf ein 30-Jahres-Tief den Exporten Beine machte. Vor allem aber ist bei den Handelsbeziehungen zur EU seit dem Referendum nichts passiert, da die Austrittsverhandlungen noch nicht einmal begonnen haben. Zudem könnte es im Ergebnis beim freien Zugang zum EU-Binnenmarkt bleiben, aber auch ganz anders kommen. Insofern sieht der IWF hier größere Risiken und Unwägbarkeiten. Für Großbritannien erwartet man 2017 nur noch ein BIP-Wachstum von 1,1 Prozent – Platz fünf unter den G7-Staaten.
Ganz allgemein bereiten dem IWF der im Brexit-Votum zum Ausdruck kommenden Tendenz Sorgen, dass immer mehr Länder, statt auf internationale Kooperation zu setzen, die Globalisierung für alle wirtschaftlichen Probleme verantwortlich machen. Protektionismus, nationalistische Ressentiments und Abschottung gegen Einwanderung stellen eine Gefahr für das weltweite Wachstum dar – gerade aus Sicht der Entwicklungsländer.
IWF-Chefökonom Maurice Obstfeld sieht ein weiteres Problem. Dort wo die Einkommensungleichheit immer weiter auseinanderklafft, bleibt die Erholung von der Finanzkrise »schwach und unvollständig«. Damit setzt Obstfeld, der den Neokeynesianern zugerechnet wird, eine Tradition fort, dass die IWF-Ökonomen die Welt völlig anders sehen als die Projektmitarbeiter, die Strukturprogramme für kreditnehmende Länder entwerfen. Während diese auf eine angebotsorientierte Wirtschaftspolitik setzen, lautet der Titel des neuen IWF-Berichts: »gedämpfte Nachfrage«.
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