Werden Haftungsregeln gelockert?
Betriebsrente
Die Bundesregierung will nunmehr durch gelockerte Haftungsregelungen für Unternehmen für einen Aufschwung bei Betriebsrenten sorgen. Das Bundesfinanz- und das Bundesarbeitsministerium sollen sich dem Vernehmen nach bereits darauf verständigt haben, dass Unternehmen künftig nicht mehr für die Betriebsrenten einstehen müssen.
Die Verhandlungen darüber zwischen beiden Ministerien zur Reform der betrieblichen Altersvorsorge seien jedenfalls auf gutem Weg. Bei der Haftungsfrage gebe es einen intensiven Austausch mit Arbeitgebern und Arbeitnehmern.
Arbeitnehmer können erst ab Rentenbeginn wirklich sicher sein, wie hoch ihre vom Arbeitgeber gewährte betriebliche Altersversorgung ausfällt. Vor Eintritt in den Ruhestand kann der Arbeitgeber den Wert der in einem Fonds angelegten Rentenanwartschaften immer wieder neu nach oben oder unten korrigieren.
So urteilte das Bundesarbeitsgericht (BAG) in Erfurt am 30. August 2016 (Az. 3 AZR 228/15). Beschäftigte haben danach nur Anspruch auf eine garantierte Mindesthöhe der Betriebsrente.
Im konkreten Fall gewährte der Arbeitgeber seinen Beschäftigten eine betriebliche Altersversorgung. Laut Gesamtbetriebsvereinbarung wurden die dafür vorgesehenen Beiträge in einem Anlagefonds einzahlt, aus dem auch die laufenden Betriebsrenten bezahlt wurden. Der Wert der Anlagen variierte von Jahr zu Jahr, so dass auch die Höhe der zu erwartenden Betriebsrente schwankte.
So wurden dem Kläger mehrere Korrekturen seiner Anwartschaft mitgeteilt. Im Jahr 2009 betrug diese noch 3900 Euro, 2011 fiel der Wert dagegen auf 3295 Euro. Der Kläger meinte, dass ihm die höhere, zuvor zugesagte Anwartschaft zustehe.
Dem widersprach nun das BAG. Der Kläger habe lediglich Anspruch auf die gewährte Mindesthöhe der Betriebsrentenanwartschaft. Darüber hinaus könne der Arbeitgeber den Wert immer wieder neu korrigieren. Erst ab Rentenbeginn sei die Höhe der Betriebsrente dann verbindlich. epd/nd
Vor allem kleine und mittlere Betriebe sehen das geltende Recht als Hindernis. Sie bieten in vielen Fällen keine Betriebsrenten an, weil sie das Haftungsrisiko scheuen.
Das Risiko liegt zwar zunächst bei den Pensionskassen oder Versicherungen, für die es wiederum eigene Sicherungseinrichtungen gibt. Falls alle Stricke reißen, haftet nach bisheriger Regelung allerdings der Arbeitgeber.
Hintergrund der Reformpläne ist, dass die gesetzliche Rente mit immer mehr Neurentnern und sinkendem Rentenniveau in den kommenden Jahren unter Druck ist. So reichen die meisten der 16 Millionen Riester-Verträge und 15 Millionen zugesagten Betriebsrenten nicht aus, um wachsende Rentenlücken zu stopfen.
60 Prozent der Arbeitnehmer haben eine betriebliche Altersversorgung. Geplant ist unter anderem, dass Arbeitgeber betriebliche Altersversorgung anbieten müssen. Arbeitnehmer sollen widersprechen können. dpa/nd
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