10.101 Unterschriften für Bürger-Stromnetz

Die Genossenschaft BürgerEnergie will das Berliner Stromnetz zusammen mit dem Land übernehmen

  • Nicolas Šustr
  • Lesedauer: 2 Min.

»Wir bekommen gerade sehr, sehr viele Briefe mit Wünschen für die Koalitionsverhandlungen«, berichtete Grünen-Landeschef Daniel Wesener am vergangenen Mittwoch auf dem kleinen Parteitag. Am Montag kamen vor dem Roten Rathaus noch einige Aktenordner mit Unterschriften für den Rückkauf des Berliner Stromnetzes hinzu.

»Das Stromnetz muss den Berlinern gehören!«, fordert Luise Neumann-Cosel, Vorstand der Genossenschaft BürgerEnergie Berlin, die sich im Vergabeverfahren um das Netz beworben hat. Neben der Grünen-Fraktionschefin Antje Kapek wird auch LINKEN-Energieexperte Harald Wolf sowie SPD-Stadtentwicklungssenator Andreas Geisel mit je einem Ordner bedacht.

Bei den Grünen rennt sie damit offene Türen ein, schreiben sie doch explizit in ihrem Wahlprogramm, dass die Genossenschaft an dem Stromnetz beteiligt werden sollte. SPD und LINKE fordern in ihren Wahlprogrammen eine vollständige Rekommunalisierung des Netzes. »Wir orientieren uns dabei an der Empfehlung der Enquetekommission«, sagt Harald Wolf. Die Kommission »Neue Energie für Berlin« des Abgeordnetenhauses spricht sich in ihrem Abschlussbericht vom Oktober 2015 für eine Übernahme des Netzes in öffentliche Trägerschaft aus. Gefordert wird dort auch größtmögliche Transparenz, eine genossenschaftliche Beteiligung wird als »geeignete Möglichkeit« dafür angesehen. »Zunächst muss aber rekommunalisiert werden«, sagt Wolf. »Die Beteiligung einer Genossenschaft wäre dann der zweite Schritt.«

Derzeit läuft das Konzessionsvergabeverfahren für das hauptstädtische Stromnetz. Neben dem bisherigen Konzessionär Vattenfall bewerben sich auch die landeseigene »Berlin Energie« sowie die Genossenschaft BürgerEnergie Berlin. Vattenfall wäre bereit, dem Land einen 50-prozentigen Anteil am Netz zu gewähren, die Genossenschaft sieht sogar einen 74,9-prozentigen Landesanteil vor. 12 Millionen Euro von Tausenden Bürgern für den Netzrückkauf wurden bereits eingeworben. Die Gasnetzvergabe ist wegen juristischer Streitigkeiten möglicherweise noch jahrelang in der Schwebe, beim Strom könnte ähnliches geschehen.

»Rot-Rot-Grün hat die historische Chance, das Stromnetz in Bürgerhände zu bringen. So würden nicht länger jährliche Gewinne in Höhe von 100 Millionen Euro an Vattenfall abfließen«, sagt Neumann-Cosel. Immerhin 600 000 Berliner haben beim Energie-Volksentscheid im November 2013 für den Rückkauf der Netze gestimmt, mit 83 Prozent eine überwältigende Mehrheit der Teilnehmer. Allerdings wurde das nötige Quorum knapp verfehlt. Auch Grüne und LINKE waren Unterstützer. »Jetzt sind sie am Zug«, sagt Neumann-Cosel. »Wir erwarten ein klares Bekenntnis zum Stromnetz in Bürgerhand.« Laut Verhandlungsfahrplan soll erst im November über den Bereich gesprochen werden. Unter den Unterzeichnern des Aufrufs finden sich auch viele Abgeordnete von Grünen, Linkspartei und sogar der SPD, die mit am Verhandlungstisch sitzen.

Wir-schenken-uns-nichts
Unsere Weihnachtsaktion bringt nicht nur Lesefreude, sondern auch Wärme und Festlichkeit ins Haus. Zum dreimonatigen Probeabo gibt es ein Paar linke Socken und eine Flasche prickelnden Sekko Soziale – perfekt für eine entspannte Winterzeit. Ein Geschenk, das informiert, wärmt und das Aussteiger-Programm von EXIT-Deutschland unterstützt. Jetzt ein Wir-schenken-uns-nichts-Geschenk bestellen.

Das »nd« bleibt gefährdet

Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.