Schnellläufer für Sachsens Polizei?

Bund und Land beraten über den Fall al-Bakr

  • Lesedauer: 3 Min.

Berlin. Die Bundestagsopposition will den Tod des Terrorverdächtigen Dschaber al-Bakr in einem Leipziger Gefängnis nicht auf sich beruhen lassen. Vor einer Sitzung des Innenausschusses des Bundestages forderte die Grünenabgeordnete Irene Mihalic Aufklärung darüber, wie sich ein Mensch in Obhut der sächsischen Justiz das Leben nehmen konnte. Gehört wurden auch Generalbundesanwalt Peter Frank und ein Vertreter des Bundesamtes für Verfassungsschutz.

In der »Frankfurter Allgemeinen Zeitung« hatte Frank indes schon vor der Sitzung die Vorhaltung zurückgewiesen, er habe das Verfahren sofort an sich ziehen müssen. »Die Erkenntnisse hierfür lagen uns erst im Laufe des 9. Oktober vor, nämlich als klar war, um welche Art von Sprengstoff es sich handelte und welche genaue Menge aufgefunden worden war«, sagte er. Al-Bakr hatte sich vergangenen Mittwoch zwei Tage nach seiner Festnahme in einer Zelle in Leipzig erhängt. Die Ermittler glauben, dass er einen Anschlag auf einen Berliner Flughafen plante.

In Berlin gab es dabei scharfe Worte in Richtung Dresden. So verteidigte der SPD-Innenexperte Uli Grötsch das Agieren von Verfassungsschutz und Generalbundesanwaltschaft in dem Fall. Die Verantwortung liege »bei der Justiz in Sachsen«. Der sächsische Bundestagsabgeordnete André Hahn (LINKE) forderte den Rücktritt des sächsischen Justizministers Sebastian Gemkow (CDU) und des Innenministers Markus Ulbig (CDU).

In Dresden debattierten der Innen- und der Rechtsausschuss in einer Sondersitzung über den Fall. Die Innenpolitiker der schwarz-roten Koalition spielten die Vorfälle herunter. Für den CDU-Innenexperten Christian Hartmann konnte die Befragung von Ulbig und Gemkow »mit einer Vielzahl von Gerüchten und Anschuldigungen« aufräumen. Sein SPD-Kollege Albrecht Pallas meinte, dass »offene Fragen und vermeintliche Pannen« von der Regierung »für den Moment plausibel erläutert« worden seien. Doch müsse man sich »intensiv mit dem Thema internationaler Terrorismus befassen.«

Es sei deutlich geworden, dass es »bei Weitem« noch nicht »die Formate« gebe, um diesbezüglichen Anforderungen gerecht zu werden, sagte der Vorsitzende des Rechtsausschusses, Klaus Bartl (LINKE). Der Innenausschussvorsitzende Mario Pecher (SPD) machte fehlende »Schnellläufer« bei der Polizei für den missglückten Festnahmeversuch in Chemnitz verantwortlich. Der LINKE-Abgeordnete Mirko Schultze erklärte auf Twitter: »Was zu klären ist, geschah nicht in der JVA, sondern beim Einsatz zuvor.«

Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) hat sich gegen ein zentrales Bundesgefängnis für Terroristen gewandt. Beschuldigte und Verurteilte aus Verfahren des Generalbundesanwalts befänden »seit jeher in Justizvollzugsanstalten in ganz Deutschland«. Das habe sich bewährt.

Nach einer Umfrage des »Stern« können 48 Prozent der Deutschen kein Versagen der sächsischen Justiz erkennen. 40 Prozent glauben, die Justiz hätte die Selbsttötung des Verdächtigen verhindern können. nd/Agenturen

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