Das Schauspiel der Leoniden

Sonne, Mond und Sterne im November

  • Hans-Ulrich Keller, Stuttgart
  • Lesedauer: 5 Min.

In der nun früh einsetzenden Abenddämmerung schimmert als erstes Gestirn die weißglänzende Venus am Südwesthimmel. Noch ist unser innerer Nachbarplanet nicht besonders auffällig, da er recht horizontnah steht. Venus geht zu Monatsbeginn schon um 18.30 Uhr unter. Ende November erfolgt ihr Untergang bereits eine dreiviertel Stunde später.

Am Beginn des Monats kann noch der Ringplanet Saturn am Abendhimmel gesichtet werden. Er steht ebenfalls horizontnah im Südwesten nicht weit von Venus entfernt. Allerdings ist Saturn wesentlich lichtschwächer als Venus und kann nur unter guten Sichtbedingungen ohne Hilfsmittel erkannt werden. Um die Monatsmitte zieht sich der Ringplanet vom Abendhimmel zurück und wird unbeobachtbar.

Auch Mars ist noch in der Abenddämmerung tief am Südhimmel auszumachen. Der Rote Planet läuft rasch ostwärts und wechselt am 8. aus dem Sternbild Schütze in den Steinbock. Bald nach 21 Uhr wird er in den horizontnahen Dunstschichten unsichtbar. Am 28. beginnt auf seiner Nordhalbkugel der Winter. Da seine Rotationsachse ähnlich wie die der Erde um 25 Grad zur Senkrechten auf seiner Bahnebene geneigt ist, kommt es auf dem Mars ebenfalls zu Jahreszeiten. Sie dauern allerdings etwa doppelt so lange wie die irdischen. Am 2. November zieht die schmale Sichel des zunehmenden Mondes zuerst an Saturn und dann an Venus vorbei. Vier Tage später begegnet der zunehmende Halbmond dem Roten Planeten.

Jupiter kann am Morgenhimmel erspäht werden. Seine Aufgänge erfolgen im Laufe des Monats immer früher. Am Monatsanfang geht er um halb fünf Uhr morgens auf, Ende November erscheint er bald nach 3 Uhr am Osthimmel. Der Riesenplanet wandert durch das Sternbild Jungfrau, wobei er auf dessen Hauptstern Spica zusteuert. Am 25. erhält Jupiter Besuch vom abnehmenden Mond. Seine schmale Sichel sieht man gegen 4 Uhr morgens etwa drei Vollmondbreiten nördlich von Jupiter.

Vom 10. bis Ende November tauchen die Meteore des Leonidenstromes auf. Ihr Maximum erreichen die Leoniden in der Nacht vom 17. auf 18. in den Morgenstunden. Die Sternschnuppen scheinen aus dem Sternbild Löwe zukommen. Sie flitzen in alle Richtungen. Um festzustellen, ob ein Meteor zu den Leoniden zählt oder ob es sich um eine sporadische Sternschnuppe handelt, verlängert man die Leuchtspur in Gedanken rückwärts. Endet sie im Gebiet des Sternbildes Löwe, so handelt es sich höchstwahrscheinlich um einen Vertreter der Leoniden.

In manchen Jahren boten die Leoniden einen wahren Schauer von Meteoren mit mehreren hundert Exemplaren pro Stunde. Diesmal dürfte die Fallrate geringer ausfallen. Sie wird auf zwanzig Sternschnuppen pro Stunde um die Zeit des Maximums geschätzt. Leider stört diesmal das helle Licht des Vollmondes die Beobachtung. Die Leonidenmeteore sind Reste des Kometen 55P/Tempel-Tuttle, die mit Geschwindigkeiten um 70 Kilometer pro Sekunde in die Erdatmosphäre eindringen und verglühen.

Der Fixsternhimmel trägt herbstlichen Charakter. Zur Standardbeobachtungszeit gegen 22 Uhr steht das Himmels-W - das Sternbild Kassiopeia - über unseren Köpfen im Zenit. Die mittlere Spitze dieses Sternen-Ws deutet auf den Polarstern. Der Sage nach ist Kassiopeia die eitle Königin von Äthiopien. Sie prahlte, ihre Tochter Andromeda sei hübscher als die Nereiden, die Töchter des Meeresgottes Neptun. Weinend beschwerten sich diese bei ihrem Vater über die Kränkung. Umgehend schickte Neptun den Cetus, ein Meeresungeheuer, an die Gestade Äthiopiens.

Einem Orakelspruch nach muss Prinzessin Andromeda dem Cetus geopfert werden, um Äthiopien vor dem Cetus zu retten. Andromeda wird an einen Felsen geschmiedet, um dem Cetus zum Fraße zu dienen. In höchster Not eilt Perseus mit seinen Flügelschuhen heran. Aus der Luft stürzt er herab und tötet das Ungeheuer Cetus. Alle Beteiligten bleiben zur ewigen Erinnerung am Sternenhimmel erhalten.

Außer den Sternbildern Kassiopeia, Andromeda, Cetus und Perseus ist auch König Kepheus, Gemahl der Kassiopeia, als Sternbild am Firmament vertreten. Der Kepheus ist blass und unscheinbar, denn das Bild setzt sich nur aus lichtschwachen Sternen zusammen. Dennoch ist er im November gut auszumachen, da er ebenfalls hoch am Himmel fast im Scheitelpunkt steht. Er befindet sich im Areal zwischen Kassiopeia, Polarstern und Deneb, dem Hauptstern des Schwans.

Im Sternbild Kepheus stößt man auf den berühmten Granatstern, so benannt, weil er tiefrot leuchtet. Der Granatstern ist ein kühler, roter Überriesenstern in der enormen Distanz von 2800 Lichtjahren. Seine Helligkeit schwankt unregelmäßig, da er pulsiert.

Im Südosten hat der Aufmarsch der Wintersternbilder begonnen: Stier, Orion und Zwillinge sind bereits aufgegangen, Kleiner und Großer Hund mit Sirius folgen eine Stunde später.

Am 14. tritt um 14.52 Uhr die Vollmondphase ein. Nur drei Stunden vor dem Vollmondtermin kommt der Mond mit 356 509 Kilometer Distanz in extreme Erdnähe. Erst am 7. April 2020 wird unser Nachbar im All der Erde mit 356 907 Kilometer ähnlich nah kommen. Noch näher war uns der Mond am 4. Januar 1912 mit 356 375 Kilometern. Wegen seiner extremen Erdnähe erscheint der Vollmond diesmal besonders groß. Das Zusammenfallen von Vollmond und Erdnähe führt an den Küsten zu Springfluten. Auch die Erdkruste wird durch die Gezeitenkräfte gestresst. Am 27. passiert der Mond seinen erdfernsten Bahnpunkt, wobei ihn 407 550 Kilometer von uns trennen. Am 29. wird um 13.18 Uhr Neumond erreicht.

Die Sonne wandert weiterhin am absteigenden Ast ihrer Jahresbahn. Ihre Mittagshöhe nimmt um sieben Grad ab, die Tageslänge schrumpft um rund eine Stunde und zwanzig Minuten. Am Sonntag, 6. November 2016, endet für die meisten Bundesstaaten der USA und Kanada die Sommerzeit. dpa/nd

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