Belgien unterzeichnet CETA vorerst nicht
EU-Kommisssion will trotz Scheiterns des Zeitplans am Handelsabkommen mit Kanada festhalten
Brüssel. Der umstrittene EU-Handelspakt CETA mit Kanada liegt vorerst auf Eis. Belgien informierte am Montag EU-Ratspräsident Donald Tusk, dass die Regierung das Abkommen nicht unterschreiben kann. Damit ist die EU in der Frage blockiert. Für den Abend wurde die Absage des EU-Kanada-Gipfels am Donnerstag erwartet, die bis Redaktionsschluss noch nicht vorlag. Die EU-Kommission deutete aber an, dass sie den Freihandelspakt weiter verfolgen will. Auch die Bundesregierung dringt auf einen Abschluss.
In Belgien hatten die Wallonie und zuletzt auch noch weitere Regionalvertretungen Einspruch gegen den Handelspakt erhoben. Der belgische Ministerpräsident Charles Michel braucht die Zustimmung aller fünf Regionalvertretungen, um seine Unterschrift unter CETA setzen zu können. In der EU wiederum müssen alle 28 Länder das Abkommen mittragen, sonst kommt es nicht zustande.
Michel sagte Journalisten am Montagnachmittag, Belgien sei nicht in der Lage zu unterschreiben. Ob dies das Ende von CETA sei, könne er aber nicht sagen, das obliege den EU-Institutionen. Über die belgische Position informierte er Tusk offiziell, wie dessen Sprecher bestätigte. Der wallonische Regionalregierungschef Paul Magnette sagte Journalisten, er habe sein Nein bekräftigt. Er bedaure, dass in der Föderalregierung niemand offen für eine Diskussion gewesen sei. Die EU-Kommission hatte zuletzt Klarstellungen in Zusatzdokumenten zum Abkommen angeboten, was jedoch nicht nicht ausreichte, die Zweifel am Vertrag zu zerstreuen.
Nun wird offenbar versucht, CETA später zu unterzeichnen. Ein Sprecher der EU-Kommission bejahte die Frage, ob das Abkommen auch bei einer Absage des für Donnerstag geplanten Termins auf dem Tisch bleibe. Ein Ultimatum gebe es nicht. »Wir müssen Geduld haben«, sagte der Sprecher.
CETA wurde bereits im September 2014 vereinbart. Inzwischen wurden Zusatzerklärungen vereinbart, unter anderem um deutsche Bedenken auszuräumen und Auflagen des Bundesverfassungsgerichts zu erfüllen. Die Bundesregierung setzt sich für das Abkommen ein. »Wir arbeiten natürlich darauf hin, dass wir CETA zu einem erfolgreichen Abschluss bringen«, erklärte eine Sprecherin von Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD).
Für die Kritiker des Paktes ist das Nein der Wallonen ein Erfolg. »Die CETA-Befürworter müssen endlich verstehen, dass eine grundlegende Kurskorrektur der EU Handelspolitik notwendig ist«, so die wettbewerbspolitische Sprecherin der Grünen im Bundestag, Katharina Dröge. Für den EU-Experten Alexander Ulrich von der Linksfraktion handeln die Regionalregierungen der Wallonie und Brüssels »vorbildlich«, während die vorläufige Anwendung des Vertrags mit demokratischen Prinzipien unvereinbar sei. Es gebe keinen vernünftigen Grund, solche Abkommen im »Schweinsgalopp« durchzudrücken und demokratische Prozesse auszuhebeln. dpa/nd Kommentar Seite 4
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