Rückkehr der Aale

Am Rhein liegen viele Chemieunternehmen. Vor 30 Jahren verseuchte ein Brand die Umwelt

  • Jens Albes, Koblenz
  • Lesedauer: 3 Min.

30 Jahre nach dem Großbrand im Schweizer Chemieunternehmen Sandoz bei Basel tummeln sich inzwischen wieder viele Lachse im Rhein. 2015 seien rund 800 dieser sensiblen Wanderfische gezählt worden, teilte die Internationale Kommission zum Schutz des Rheins (IKSR) vor Kurzem in Koblenz mit. Der Bau vieler weiterer Kläranlagen und andere millionenschwere Investitionen hätten gezeigt, »dass es möglich ist, aus der Kloake Rhein wieder einen weitgehend sauberen Strom zu machen«. Weltweit gelte dies in der Fachwelt als ein positives Beispiel der Umweltpolitik.

Dennoch bleibt laut der IKSR viel zu tun. Beispielsweise gebe es neben der Verschmutzung mit Mikroplastik noch viele Mikroverunreinigungen etwa durch Medikamente, Hormone der Antibabypille, Insektizide, Duftstoffe aus Reinigungsmitteln und Röntgenkontrastmittel. Auch der Hochwasserschutz beispielsweise mit dem Bau von mehr Rückhalteräumen müsse gerade mit Blick auf den Klimawandel weiter vorangetrieben werden.

Am 1. November 1986 war in einer Lagerhalle des Schweizer Chemiekonzerns Sandoz bei Basel ein Großfeuer ausgebrochen. Bei Flusskilometer 169 waren direkt am Rhein 1350 Tonnen hochgefährliche Chemikalien in Flammen aufgegangen, die Ursache konnte nie endgültig geklärt werden, es wurde nie ein Verantwortlicher verurteilt. Über 20 Tonnen Gift flossen mit dem Löschwasser ungehindert in den Fluss, der rund 20 Millionen Menschen in Deutschland mit Trinkwasser versorgt. Das Gift tötete Tausende Aale, Lachse, und Meerneunaugen über Hunderte Kilometer bis über die Loreley hinaus.

IKSR-Geschäftsführerin Anne Schulte-Wülwer-Leidig sagte, bis auf den seltenen Stör zeigten sich inzwischen wieder alle traditionellen Fischarten im Rhein - und auch neue, die durch den Main-Donau-Kanal eingewandert seien. »Insgesamt sind es mehr als 60 Arten.« Damit die springfreudigen Lachse sich auch wieder in ihren ehemaligen Heimatgewässern im Raum Basel vermehren könnten, müssten am Oberrhein noch an drei weiteren Staustufen Fischtreppen gebaut werden. Andere in den Fluss zurückgekehrte Wanderfische sind etwa Meerforellen oder Maifische.

IKSR-Präsident Gustaaf Borchardt betonte: »Umweltpolitik kommt nur voran, wenn es Katastrophen gibt.« Nach Sandoz hätten die Politiker viel Geld für die Sanierung des Rheins in die Hand genommen. Heute seien 96 Prozent seiner Anwohner an Kläranlagen angeschlossen, mit Investitionen von 80 Milliarden Euro.

Nordrhein-Westfalen hat derzeit den Vorsitz der deutschen Flussgebietsgemeinschaft Rhein. Nordrhein-Westfalens Umweltminister Johannes Remmel (Grüne) sagte, 60 Millionen Menschen lebten im Einzugsgebiet des Stroms. »30 Millionen Menschen beziehen Trinkwasser aus dem Rhein.«

56 Messstellen überwachen laut Remmel heute die Wasserqualität des Flusses, davon 39 in Deutschland. Bei einem Störfall greife ein Alarmplan, um rasch die Behörden und Anwohner flussabwärts zu informieren. Der Rhein wird von vielen Fabriken - unter anderem großen Chemiekonzernen - gesäumt.

Auch die Ludwigshafener Chemiefirma BASF gehört dazu. Dort ereignete sich vor zwei Wochen nach einem Brand eine schwere Explosion. Drei Menschen starben sofort, ein vierter Feuerwehrmann erlag am Wochenende seinen schweren Verletzungen. Mehrere Menschen liegen noch im Krankenhaus. Wie viele und welche Schadstoffe in die Luft und den Rhein gelangten, steht nicht genau fest, die Messungen dauern derzeit noch an. dpa/nd

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