Neuseeland ist erschüttert
Erdbeben richtet schwere Sachschäden an
Als der Neuseeländer John Dawber nach dem gewaltigen Erdbeben kurz nach Mitternacht in seinem Supermarkt in Hanmer Springs ankommt, ist das Chaos groß. Ketchup-Flaschen, Senfgläser, Öl, Nudeln und vieles mehr sind aus den Regalen geschleudert worden. Er steigt über die Scherbenhaufen und räumt auf.
Ziemlich genau unter der Erdkruste von Hanmer Springs hat das massive Beben in der Nacht zu Montag begonnen, 7,5 bis 7,8 war die Stärke, die Experten rechneten noch. Dawber wusste, was auf ihn zukommt: ein Ansturm der erdbebenerprobten Einwohner. Innerhalb von Stunden sind seine Regale leer. Hamsterkäufe, die Menschen wappnen sich für den nächsten Erdstoß. Dutzende teils heftige Nachbeben erschüttern die kleine Welt um Hanmer Springs. »Der Supermarkt ist wie das Herz der Gemeinde, wir mussten einfach öffnen«, sagt er der »Daily Mail«.
Die Schäden sind in weitem Umkreis groß. Zum Beispiel: Im Hafen von Christchurch stürzt ein Turm von aufgestapelten Containern um. In asphaltierten Straßen klaffen tiefe Risse. Bürgersteige sind mit Splittern von zerbrochenen Schaufensterscheiben übersät. An einem Hang klafft eine Hunderte Meter hohe hässliche Wunde - das Erdreich ist abgerutscht. Aus einem Weinregal im Laden stürzen Flaschen auf den Boden, und der Rotwein breitet sich wie Blutlachen aus, wie das Video einer Überwachungskamera später zeigt. Auf einer Küstenstraße, über die am Sonntag noch Urlauber mit Campingbussen gefahren sind, liegt jetzt meterdicker Schlamm, und Felsbrocken von der Größe eines Einfamilienhauses versperren den Weg. Dort fuhr vor kurzem noch der Deutsche Steffen Schmitt mit seinem Campervan lang. »Man kannte die Straße kaum wieder, die Erde war total angehoben«, sagte er der Redaktion von Fairfax Media.
Schmitt strandet wie rund 1000 andere Urlauber rund um das Touristenstädtchen Kaikoura. In der malerischen Landschaft zweieinhalb Autostunden nördlich von Christchurch wird gewandert, an der Küste getaucht und gefischt. Wale und Delfine kann man hier beobachten. Am Montag geht es nur noch per Hubschrauber rein und raus. Die Zufahrtsstraße ist völlig unter Geröll vergraben. Die Eisenbahnschienen entlang der Straße sind grotesk verbogen. Die Luftwaffe holt die Urlauber mit Kleinflugzeugen raus.
Auch Lukas Eckert aus Deutschland war mit einem Freund samt Campervan in der Gegend. Er habe die Felsbrocken die Hänge herunterpoltern gehört, sagt er. Die Wohnwagen dürften über Monate dort feststecken. Weil schlechtes Wetter nahte, wurden Eckert und die anderen Touristen per Hubschrauber gerettet.
Margaret Edgar ist 100 Jahre alt. Sie wohnt seit mehr als 60 Jahren in ihrem großen Anwesen Elms Homestead in der Nähe des Flughafens von Kaikoura. Die alten Mauern halten nicht stand. Sie wird gerettet, aber ein Mitbewohner kommt ums Leben. Ein zweites Todesopfer starb an einem Herzanfall, wie die Polizei berichtete. Und trotzdem: Bei allem Schrecken sprechen die Menschen von Glück. Glück, dass die Tsunamiwellen keine merklichen Schäden verursachen. Glück, dass die Region nördlich von Christchurch, die besonders betroffen ist, so dünn besiedelt ist. Glück, dass das Beben in der Nacht passierte. 2011 traf es die Innenstadt von Christchurch, mitten am Tag, als Tausende Menschen im Geschäftsviertel bei der Arbeit waren. 185 Menschen kamen damals ums Leben. dpa/nd
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