Respektpreis für Fußballer

Gerd Liesegang für seine ehrenamtliche Arbeit gegen Diskriminierung ausgezeichnet

  • Johanna Treblin
  • Lesedauer: 3 Min.

Statt Anzug und Krawatte trägt Gerd Liesegang Pullover und Jeans. »Ich stehe nicht so gerne vorne«, sagt er in Berliner Dialekt. Aber auch: »Ich freue mich natürlich sehr.«

Der 59-jährige Liesegang engagiert sich seit 47 Jahren ehrenamtlich im Fußball. Er war Spieler, Trainer, Betreuer und Klubvorsitzender und ist seit 2004 Vizepräsident des Berliner Fußball-Verbands. Am Dienstag erhielt der Kreuzberger und BVG-Mitarbeiter eine Auszeichnung: nicht für sportliche Leistungen, sondern für sein Engagement gegen Diskriminierung im Sport erhielt er den Respektpreis 2016 des Bündnisses gegen Homophobie, dem neben dem Berliner Lesben- und Schwulenverband weitere 100 Organisationen und Unternehmen angehören.

Übergriffe auf Lesben und Schwule
  • Für das Jahr 2016 liegen bisher nur vorläufige Zahlen zu Übergriffen auf Lesben und Schwule vor. Bis Oktober wurden 113 Menschen Opfer von Straftaten, im Vorjahreszeitraum waren es mit 107 etwas weniger. 
  •  Einen deutlicheren Anstieg verzeichnete die Polizei in ihrer Kriminalstatistik von 2014 auf 2015: Laut dem Bericht »Politisch motivierte Kriminalität in Berlin 2015« waren es 25 mehr als im Jahr zuvor. Die Aufklärungsquote lag bei 42 Prozent. Die höchste Zahl dieser Form der Delikte wurde seit 2006 im Jahr 2013 mit 132 Fällen registriert, die niedrigste 2006 mit 28. Im Jahr 2015 waren 38 dieser Fälle Gewaltdelikte. 37 Prozent davon konnten aufgeklärt werden. Die meisten Gewalttaten wurden im Bezirk Mitte (13) verzeichnet, keine gab es in Lichtenberg und Spandau. dpa/nd

Seit 18 Jahren engagiert sich Liesegang für Gleichbehandlung sowie gegen Gewalt und Homophobie. Mit sozialen Projekten und Anti-Gewalt-Kampagnen setzt er sich für Toleranz und Inklusion im Amateurfußball ein. Damit, erzählt er in seiner Dankesrede, sei er anfangs noch alleine gewesen. »Wir hatten viele Probleme, aber niemanden, der uns helfen wollte.« Mittlerweile habe sich das verändert: Es gebe ein riesiges Netzwerk, das nicht nur körperliche Gewalt im Blick habe, sondern auch verbale Attacken. Homophobe Sprüche kämen den Jugendlichen immer wieder über die Lippen, auch der Klassiker »Du spielst ja wie ein Mädchen.« Darauf reagierten heute viele Trainer, indem sie dem jeweiligen Spieler eine zehnsekündige Spielpause auferlegten. Es werde aber auch darüber gesprochen, warum bestimmte Aussagen verletzend seien. Künftig soll es auch eine sogenannte Time-Out-Karte für Zuschauer geben, die sich homophob äußerten.

Neben Liesegang waren drei Gruppen für den Respektpreis nominiert: der Mädchentreff Dünja in Moabit, Quarteera, ein Verein russischsprachiger Lesben, Schwuler und queerer Menschen sowie eine Gruppe von Schülern zweier Schulen, die gemeinsam an der Parade zum diesjährigen Christopher Street Day teilgenommen hatten. Die Wahl sei schwergefallen, sagt Barbara Loth, Staatssekretärin in der Senatsverwaltung für Arbeit und Integration, die Liesegang die Auszeichnung überreichte. »Eigentlich müsste man vier Preise verleihen.«

Liesegang verliert nur wenige Worte zur Preisverleihung. Er sei stolz auf die Auszeichnung; er sei wichtig für die Öffentlichkeitsarbeit.

Dass im Bereich homophober Gewalt noch einiges an Aufklärungsarbeit zu tun ist, machte am Dienstag auch Wolfram Pemp deutlich. Der Landespräventionsbeauftragte der Polizei präsentierte bei der Preisverleihung erste Zahlen aus der aktuellen Kriminalitätsstatistik. Demnach sind Straftaten gegen schwule, lesbische, bi-, trans- und intersexuelle (LSBTI) Menschen in diesem Jahr geringfügig angestiegen. Während von Januar bis Oktober 2015 noch 107 Menschen Opfer von Straftaten wurden, waren es im gleichen Zeitraum diesen Jahres 113.

Die meisten Vorfälle gab es in beiden Jahren in den Bezirken Mitte, Kreuzberg und Schöneberg. Die Aufklärungsquote sei geringfügig von 45 auf 40 Prozent gesunken. Trotzdem ermunterte Pemp, sich immer an die Polizei zu wenden: »Menschen, die Anzeige erstatten, sind bei uns gut aufgehoben.«

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