Kaum Chancen für mehr Klimaschutz
Die Umsetzung des Pariser Abkommens wird unter der neuen US-Administration schwierig, meint Alberto Acosta
Der Wahlerfolg von Donald Trump hat die Weltöffentlichkeit durcheinander gewirbelt. Und das zu Recht. Die Figur Trump steht für die Antithese dessen, was viele für politisch korrekt halten. Ohne Zweifel ist Trump ein Mann ohne eine große Vision für der Welt. Vor allem ist er ein Ignorant. Doch ist es ihm überraschenderweise gelungen, Mehrheiten hinter sich zu versammeln. Mehrheiten, die besonderen Wert legen auf ein traditionelles Patriarchat, ethnische Überlegenheitsgefühle und einen erbitterten Nationalismus.
Im Zusammenspiel mit den Anheizern eines offenen Rassismus könnten Trumps politische Positionen dazu führen, dass viele hart erkämpfte Errungenschaften der letzten 50 Jahre auf dem Müll der Geschichte landen. Auch Frauenrechte und die Rechte von Schwulen und Lesben scheinen in Gefahr. Die Toleranz zwischen den Religionen steht auf dem Spiel. In Gefahr sind die Menschenrechte von Millionen von Latinos, die ohne Papiere in den Vereinigten Staaten leben und im Imperium des Nordens ihren »American Dream Of Life« Wirklichkeit werden lassen wollen. Auch der komplizierte Tauwetterprozess mit Kuba könnte einen Rückschlag erleiden. Und zwischen all diesen dunklen Wolken brauen sich Bedrohungen für die noch schwachen, globalen Antworten auf die sich täglich verschärfenden Umweltprobleme zusammen.
Trumps Aussagen aus dem Wahlkampf, es gebe keine menschengemachte Erderwärmung, geben ausreichend Grund zur Sorge. Zwar ist er inzwischen etwas zurückgerudert, doch ich möchte an dieser Stelle nur an einige seiner Ausfälle erinnern: Abgeleitet von seiner seltsamen Logik von Geopolitik erklärte Trump, dass »das Konzept der globalen Erderwärmung von und für die Chinesen erfunden wurde, um den US-Herstellern die Wettbewerbsfähigkeit zu nehmen«. Bei einer anderen Gelegenheit sagte er: »Es schneit in New York. Was verdammt ist mit der Erderwärmung passiert?« Daneben hat Trump gegen den Klimawandel als »Ruin fürs Business« gehetzt, das Ganze sei eine »totale Lüge«, eingefädelt durch die »Betrüger der Erderwärmung und Weltrettung, um höhere Steuern zu rechtfertigen«.
Wir müssen uns also fragen: Was passiert unter Trump jetzt mit den Klimaschutzaktionen unter dem Dach der Vereinten Nationen?
Vergangenes Wochenende ist in Marokko, Marrakesch, die 22. Vertragsstaatenkonferenz der Vereinten Nationen (COP22) über den Klimawandel zu Ende gegangen. Eine Konferenz, die Entscheidungen bringen sollte, ein Jahr nach der COP21 in Paris. Die Nachricht von Trumps Erfolg war wie eine Bombe in die Verhandlungen eingeschlagen. Viele Teilnehmer der Konferenz waren konsterniert. Die UN-Verantwortliche für Klimafragen, Patricia Espinoza, appellierte derweil an die Hoffnung, nachdem sie Trump diplomatisch zu seinem Wahlsieg gratuliert hatte: »Hoffen wir, dass seine Regierung kooperiert, um die Klima-Agenda des Handelns zum Wohle aller Völker der Erde voran zu bringen.« Eine etwas stärkere Position vertrat Segolène Royal, die Umweltministerin Frankreichs. Sie versicherte, dass es aus ihrer Sicht schwer sei, dass die USA allein den Pariser Klimavertrag, den über 100 Länder ratifiziert haben, zu Fall bringen würden. Wir könnten auch hoffen, dass Trump, der nicht aus der üblichen Politikerwelt kommt, schnell in die schlechten Gewohnheiten der traditionellen Politik verfällt - und seine Wahlversprechen nicht wahr macht.
Aber lassen wir die Luftschlösser! Trump macht die Dinge nicht leichter. Die USA sind nicht irgendein Land, sie sind für das Überleben des Planeten entscheidend. Wenn die schüchterne und unter allen Gesichtspunkten zu schwache Agenda von Paris den Hauch einer Chance zur Umsetzung haben will, dann sieht es unter der neuen US-Administration schwierig aus. Noch schwerer wird es, wenn Trumps Regierung von laufenden Initiativen (wie dem Grünen Klimafonds, der ab 2020 pro Jahr 100 Milliarden US-Dollar an Klimageldern in die Länder des globalen Südens lenken will) abspringt. Und wenn er nicht mehr in Klimaschutz investieren will. Noch aber gilt es abzuwarten.
Wie es bisher aussieht, hat sich Trump als ein Präsident vorgestellt, der dem System dienen will. Nur ein kurzer Moment der Nervosität und schon hatten sich die Börsen beruhigt - im Sinne des Kapitals, versteht sich. Das kapitalistische System könnte mit Trump die Gewalt und Zerstörung weiter beschleunigen. Eine Wirklichkeit, die der globalisierte Kapitalismus verschärfen wird.
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