Wer ist der Schärfste in Frankreich?

Entscheidungswahl um den Präsidentschaftskandidaten der »Republikaner«

  • Ralf Klingsieck, Paris
  • Lesedauer: 3 Min.

Die beiden Ex-Premiers Juppé und Fillon waren vor einer Woche aus der ersten Runde der Vorwahl der Rechtspartei der Republikaner und des Zentrums als aussichtsreichste Anwärter hervorgegangen. Die Tage vor der Stichwahl an diesem Sonntag waren geprägt durch erbitterte, oft sehr persönliche Polemik in den Medien und auf den jeweils zwei großen Meetings, die jeder der beiden Kandidaten in Paris und anderen großen Städten abgehalten hat.

Dabei versuchte Juppé, der mit 28 Prozent der Stimmen im ersten Wahlgang gegenüber Fillon mit 44 Prozent erheblich im Rückstand lag, offensiv aufzuholen. So bezeichnete er den Favoriten, der sich betont als national gesinnter Katholik und traditionsbewusster Familienvater präsentiert, als »ultra-konservativ«. Fillons Programm nannte Juppé »in Teilen undurchführbar« und die geplanten sozialen Maßnahmen wären ein »Schock« für die Betroffenen. Höhepunkt war am Donnerstagabend eine Fernsehdebatte, bei der beide Kontrahenten ihre Programme verteidigten, die Beobachtern zufolge zu 70 bis 90 Prozent deckungsgleich sind. Besonders erbittert war die Auseinandersetzung um den geplanten Stellenabbau im öffentlichen Dienst, wo Juppé innerhalb von fünf Jahren 250 000 freiwerdende Posten nicht neu besetzen will und Fillon sogar 500 000.

Beide planen Steuer- und Abgabenerleichterungen für die Unternehmen, um das Wirtschaftswachstum anzukurbeln und so neue Arbeitsplätze zu schaffen. Die dafür nötigen Mittel sollen abgestufte Änderungen bei der Besteuerung der Haushalte bringen.

Unterm Strich würde sich dadurch bei Juppé eine Verbesserung der Kaufkraft von sieben Milliarden Euro ergeben, bei Fillon eine Verschlechterung um eine Milliarde. So würden die Änderungen bei der Einkommenssteuer bei Juppé eine Ermäßigung um 19 Prozent und bei Fillon um 24 Prozent ergeben, während Juppé die sozial besonders ungerechte Mehrwertsteuer um einen Prozentpunkt anheben will und Fillon um zwei Prunkte. Das allein würde Mehreinnahmen von 6,5 beziehungsweise 16 Milliarden Euro ergeben. Dagegen sind sich beide bei der Abschaffung der »Reichensteuer« ISF einig.

Auch die 35-Stunden-Arbeitswoche wollen beide abschaffen und die Arbeitszeit in jedem Unternehmen einzeln aushandeln lassen, wobei Juppé die Grenze, oberhalb derer Überstundenzuschläge fällig werden, bei 39 Stunden pro Woche festsetzen will, während Fillon keinen Richtwert festlegen will und nur auf die im EU-Recht vorgesehene Höchstgrenze von 48 Stunden pro Woche verweist. Das Rentenalter wollen beide von jetzt 62 auf 65 Jahre heraufsetzen und die Sonderrentenregeln für bestimmte Berufsgruppen schrittweise abschaffen. Fillon will zwar die Gesetze über Schwangerschaftsabbruch und Homoehe nicht abschaffen, lehnt aber »persönlich« den Schwangerschaftsabbruch ab und will das Recht gleichgeschlechtlicher Paare auf Adoption stark einschränken. Dagegen würde Juppé die entsprechenden Gesetze unangetastet lassen.

Stärkere Differenzen gibt es zur Außenpolitik. Fillon, der den USA und der EU gegenüber »stärker nationale Belange verteidigen« will und der freundschaftlichen Kontakt zu Wladimir Putin pflegt - der sein Abschneiden in der ersten Runde der Vorwahl umgehend als »Zeichen der Hoffnung« begrüßt hat -, will sich für ein Ende der Sanktionen gegen Russland und einen »Dialog mit Moskau, nicht zuletzt über Syrien« einsetzen. Dagegen plädiert Juppé für die Respektierung aller internationalen Verträge und Vereinbarungen, die »Grundlage des Friedens seit dem Zweiten Weltkrieg« sind und gegen die Russland und auch Syrien verstoßen hätten.

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