Psychisches Trauma: Ex-Angestellte verklagen Microsoft
Ehemalige Mitarbeiter beklagen mangelnde Unterstützung trotz posttraumatischer Belastungsstörung wegen »bestialischer Gewaltbilder« am Arbeitsplatz
Kinderpornos, unvorstellbare Gewalt, sterbende Menschen – man mag sich nicht vorstellen, mit welchen Bildern MitarbeiterInnen großer Softwarekonzerne konfrontiert werden, die im Namen der »digitalen Sicherheit« im Auftrag ihres Konzerns mit den Abgründen der menschlichen Seele konfrontiert werden. Zwei ehemalige Microsoftangestellte zeichnen ein finsteres Bild dessen, was an der Oberfläche verborgen bleibt und verklagen unter anderem deswegen nun ihren ehemaligen Arbeitgeber.
Sie hätten »entsetzliche Bilder« gesehen, darunter mordende Menschen, Vergewaltigungen und bestialische Gewalt, schreiben Henry Soto und Greg Blauert in der Anklageschrift gegen ihren Ex-Arbeitgeber. Von 2008 an hätten die beiden im Online-Sicherheitsteam von Microsoft gearbeitet und seien dafür zuständig gewesen, E-Mails und die Inhalte der Microsoft-Suchmaschine Bing zu überwachen. Diese permanente psychische Belastung habe eine posttraumatische Belastungsstörung bei ihnen ausgelöst.
Doch anstelle ihnen zu helfen, habe Microsoft die Probleme ignoriert oder heruntergespielt. Soto beschreibt, dass Mitglieder aus seinem Team sogar in Gegenwart von Vorgesetzten Nervenzusammenbrüche erlitten hätten. Mehrfach seien diese Probleme auch an ManagerInnen aus den »höheren Ebenen« heran getragen worden. Doch anstelle ausgebildete PsychologInnen und TherapeutInnen heran zu ziehen, um die MitarbeiterInnen professionell zu betreuen, hätte Microsoft lediglich ein »Wellness Programm« entwickelt. Dieses bestand im Wesentlichen daraus, den Betroffenen mehr Spaziergänge und Raucherpausen zu gewähren und Ablenkung durch den Konsum von Videospielen zu finden, anstatt die psychischen Probleme aufzuarbeiten.
Eineinhalb Jahre sei ihnen verwehrt worden, eine Versetzung zu beantragen, schreibt Soto. Zudem sei er zu keinem Zeitpunkt von Microsoft über die gesundheitlichen Risiken seiner Arbeit aufgeklärt worden. Soto, der einer der ersten des vor neun Jahren neugegründeten Online-Sicherheitsteams war, hatte nur »begrenzte Informationen darüber, was in seinem Job auf ihn warten würde«, heißt es. So habe er auch daran mitwirken müssen, den Behörden bei der Zerschlagung von Verbrecherringen zu helfen. Es gehe dabei um »Bilder, die erschaffen wurden, um die verdorbensten und krankesten Menschen der Welt zu unterhalten.«
Aufgrund dieser bleibenden Schäden fordern die beiden Männer eine Entschädigung von Microsoft und das Versprechen, dass der Konzern sich dieser Probleme annehme und seine MitarbeiterInnen künftig besser unterstütze. Microsoft widersprach unterdessen den Vorwürfen der beiden Ex-Mitarbeiter. Man sei an der psychischen Gesundheit der Angestellten mindestens genauso interessiert, wie an dem Entfernen von kritischen Inhalten, heißt es in einem Statement.
Es wäre nicht das erste Mal, dass Angestellte über belastende Arbeitsbedingungen bei großen IT-Konzernen klagen. Im Dezember sorgte ein Bericht der Süddeutschen Zeitung für Furore, in dem MitarbeiterInnen des Dienstleisters Arvato über die belastende Arbeit des Facebook-Löschteams sprachen. Dabei war die Rede von einem »grauenvollen Job«, aufgrund mangelnder psychologischer Betreuung angesichts der vielen gewaltverherrlichenden und anstößigen Inhalten, Überlastung und Stress.
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