Merkel »bedauert« Trumps Vorgehen gegen Muslime
Kanzlerin will Folgen für Deutsche mit doppelter Staatsangehörigkeit prüfen / Bundestagsabgeordnete befürchten, nicht mehr in die USA reisen zu können
Berlin. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hält das von der US-Regierung verhängte Einreiseverbot gegen Flüchtlinge und Bürger einiger mehrheitlich muslimischer Staaten eindeutig für falsch. »Sie ist überzeugt, dass auch der notwendige entschlossene Kampf gegen den Terrorismus es nicht rechtfertigt, Menschen einer bestimmten Herkunft oder eines bestimmten Glaubens unter Generalverdacht zu stellen«, erklärte Regierungssprecher Steffen Seibert am Sonntag in Berlin.
Die Bundesregierung werde »nun prüfen, welche Folgen die Maßnahme der US-Regierung für deutsche Staatsbürger mit doppelter Staatsangehörigkeit hat, und deren Interessen gegebenenfalls gegenüber unseren amerikanischen Partnern vertreten«. Wie Seibert weiter mitteilte, »bedauert« Merkel die Entscheidung von US-Präsident Donald Trump und drückte diese Haltung auch am Samstag in ihrem 45-minütigen Telefonat mit dem neuen Amtsinhaber im Weißen Haus aus.
Die Genfer Flüchtlingskonvention fordere die internationale Staatengemeinschaft auf, Kriegsflüchtlinge aus humanitären Gründen aufzunehmen. »Alle Unterzeichnerstaaten sind dem verpflichtet. Die Bundeskanzlerin hatte diese Politik dem US-Präsidenten in ihrem gestrigen Telefonat erläutert«, erklärte Merkels Sprecher.
Vor dem geplanten Telefonat forderten Oppositionspolitiker wie die LINKE-Ko-Vorsitzende Katja Kipping, eine »klare Haltung« zu zeigen. »Die Bundesregierung ist hier gefragt sich eindeutig zu äußern. Schweigen ist inakzeptabel!«, so Kipping im Kurznachrichtendienst Twitter.
Die Parteivorsitzende der Grünen, Simone Peter, kritisierte das Einreiseverbot als »bescheuert«, »unmenschlich« und »gefährlich«. Sie wies darauf hin, dass von Trumps Dekret auch Bundestagsabgeordnete betroffen seien, weil sie nicht nur die deutsche Staatsangehörigkeit hätten. So gehen Omid Nouripour und Niema Movassat (LINKE) davon, aus, dass sie derzeit nicht in die USA einreisen können. Movassat schrieb dazu bei Twitter: »Auch dienstliche Reisen nicht mehr möglich. Unfassbar.«
Merkel und Trump haben erstmals seit Amtsübernahme des neuen US-Präsidenten am 20. Januar miteinander telefoniert. Dabei hoben sie als gemeinsamen Nenner die »fundamentale Bedeutung« der NATO für die transatlantischen Beziehungen und die Bewahrung von Frieden und Stabilität hervor. Sie bekräftigten zudem die Absicht, »die ohnehin schon ausgezeichneten bilateralen Beziehungen in den nächsten Jahren noch zu vertiefen«, wie es in einer gemeinsamen Presseerklärung vom Samstagabend heißt. dpa/nd
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