Ausgesperrt
Trump verhängt vorläufigen Einreisestopp und will langfristig die Regeln für Migranten verschärfen
Beim ersten großen US-Militäreinsatz in Jemen seit dem Amtsantritt von Präsident Donald Trump sind nach örtlichen Behördenangaben 41 mutmaßliche Kämpfer von Al Qaida getötet worden. Zudem seien 16 Frauen und Kinder gestorben. In dem verarmten Jemen herrscht seit zwei Jahren Krieg. Das Land gehört zu den Staaten, deren Bürger nach dem Willen von Trump vorerst nicht mehr in die USA einreisen dürfen. Auch Länder wie Irak und Syrien hat das US-Militär in jüngster Zeit bombardiert. Leidtragende der Konflikte sind vor allem Zivilisten. Auch Menschen aus Irak und Syrien will Trump die Möglichkeit verwehren, sich in die USA zu retten.
Der neue US-Präsident hatte am Freitag ein Dekret unterzeichnet, nach dem Bürger aus insgesamt sieben Ländern - Iran, Irak, Libyen, Somalia, Syrien, Sudan und Jemen - für 90 Tage nicht in die USA einreisen dürfen. Das Verbot gilt nicht nur für Flüchtlinge, sondern für fast alle Bürger dieser Staaten. Ausgenommen sind Besitzer von Diplomatenvisa und Mitarbeiter internationaler Organisationen. Flüchtlinge aller Welt sperrte Trump mit dem Dekret für 120 Tage aus. Flüchtlinge aus Syrien sogar für unbestimmte Zeit. Ausnahmen soll es lediglich für »religiöse Minderheiten« gelten, womit offenbar vor allem Christen gemeint sind. Trump will während des Einreiseverbots neue, striktere Überprüfungsmechanismen ausarbeiten lassen, um »radikale islamische Terroristen« aus den USA fernzuhalten.
Der frühere US-Präsident Barack Obama hatte geplant, im laufenden Haushaltsjahr bis Ende September 110 000 Flüchtlinge aufzunehmen und dafür rund 1,5 Milliarden Dollar vorgesehen. Nun beschloss der neue Präsident, dass »nicht mehr als 50 000 Flüchtlinge« einreisen dürfen.
Die Verfügung stürzte am Wochenende Menschen in Verzweiflung und führte zu chaotischen Szenen auf internationalen Flughäfen. Ob Iraker, Jemeniten oder Sudanesen, vielfach wurden Muslime trotz gültiger Visa kurz vor ihrer Abreise oder bei Zwischenaufenthalten auf dem Weg in die USA gestoppt. Zahlreiche Betroffene wurden auch an US-Flughäfen festgehalten. Eine New Yorker Bundesrichterin untersagte dann am Samstag die Ausweisung der Menschen, die die USA bereits erreicht hatten.
Richterin Ann Donnelly begründete ihre Entscheidung damit, dass den Betroffenen durch eine Abschiebung »erheblicher und nicht wieder gutzumachender Schaden« drohe. Sie gab damit der Klage mehrerer Bürgerrechtsorganisationen teilweise statt. Ob Trumps Dekret gegen die US-Verfassung verstößt, ließ die Richterin in ihrer Eilentscheidung offen. Für Februar setzte sie eine weitere Anhörung an.
Die US-Regierung gab sich unbeeindruckt. »Die Verfügungen des Präsidenten bleiben in Kraft - verbotene Reisen werden verboten bleiben«, erklärte das Heimatschutzministerium am Sonntag. Allerdings sagte es auch allgemein zu, sich an gerichtliche Anordnungen zu halten. Trump selbst legte im Kurzbotschaftendienst Twitter nach: »Unser Land braucht starke Grenzen und extreme Sicherheitsüberprüfungen, JETZT.« In Europa und dem Rest der Welt herrsche »schreckliches Durcheinander«.
Die einflussreiche Bürgerrechtsorganisation Aclu feierte die Gerichtsentscheidung dennoch: »Unsere Gerichte erwiesen sich heute als Bollwerk gegen Regierungsmissbrauch sowie gegen verfassungswidrige Politik und Anordnungen.« Im US-Bundesstaat Virginia fällte ein Bundesgericht eine ähnliche Entscheidung gegen Abschiebungen, die sich aber nur auf Passagiere auf dem Flughafen Dulles bei Washington bezog. An mehreren großen US-Flughäfen gab es Proteste gegen die Einreiseverbote.
Das Auswärtige Amt in Berlin erklärte, das Einreiseverbot gelte auch für Bürger aus den genannten sieben Ländern, die zusätzlich die deutsche Staatsbürgerschaft haben. Dies betrifft offenbar auch den iranischstämmigen Grünen-Bundestagsabgeordneten Omid Nouripour, der Vizevorsitzender der deutsch-amerikanischen Parlamentariergruppe ist.
Bundeskanzlerin Angela Merkel kritisierte Trumps Vorgehen. SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz warf dem US-Präsidenten vor, Minderheiten mit »unverschämten und gefährlichen Äußerungen« zu attackieren.
Der iranische Außenminister Mohammed Dschawad Sarif warnte, Trumps Einreiseverbote würden »in die Geschichte eingehen als großes Geschenk an Extremisten und ihre Unterstützer«. Die iranische Regierung will ihrerseits keine US-Bürger ins Land lassen, bis Washington das Einreiseverbot aufhebt. AFP/nd
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