Vorbei mit dem »Antifa-Schreck Komplettpaket«
Rechtsradikaler Internet-Waffenshop »Migrantenschreck« ist offline / Betreiber auf der Flucht
Endlich ist sie offline. Das rechte Waffen-Kaufportal »Migrantenschreck« ist seit dem Wochenende nicht mehr aufrufbar. Monatelang konnten Nutzer darüber illegale Schreckschusspistolen erwerben – »einfach, schnell und diskret«, wie es auf der Website hieß. Doch diskret liefen die Bestellungen nicht ab. Die Liste sämtlicher Besteller wurde einem Rechercheteam des Technologie-Magazins Motherboard und der Süddeutschen Zeitung zugespielt. Das Geschäft flog auf. Der Betreiber flüchtete ins Ausland. Und die Seite wurde aus dem Netz genommen.
Gegen wen die Waffen eingesetzt werden sollen, daran lässt schon der Name des Internet-Versandhandels keinen Zweifel. Auch in den Texten wurde hart gegen Migranten und Antifaschisten gehetzt. Die Stadt werde »zum gesetzlosen Tummelplatz von Asylforderern«, war dort etwa zu lesen, man müsse »Frauen schützen und Fußgängerzonen zugänglich halten«. So zitiert »SZ.de« den Werbetext für das doppelläufige Gewehr »Migrantenschreck DP120 Professional Bautzen Edition«. Im Angebot hatte das Portal außerdem ein »Antifa-Schreck Komplettpaket« gegen »rotzfreche Antifanten«.
In den Medien wurde im vergangenen Jahr bereits mehrfach über die Seite berichtet. Im Juni zeigte der Chef der sächsischen Grünen, Jürgen Kasek, den Betreiber der Internetseite »Migrantenschreck« wegen Volksverhetzung an. Dabei handelt es sich um den ultrarechten Rassisten Mario Rönsch, der auch mit der Facebook-Seite »Anonymous.Kollektiv« in Zusammenhang stand. 150.000 Euro soll der 34-jährige Thüringer zwischen Mai 2016 und Januar 2017 mit dem Geschäft umgesetzt haben. Rönsch hat jedoch ein ganz großes Problem: Er hat einen Verfolger. Ein Mann machte es sich zur Aufgabe, alle Postings von Rönsch und alle Daten über ihn zu sammeln. Im Oktober kam dieser Mann in den Besitz einer Datei über sämtliche Zugangsdaten Rönschs – und auf diese Weise auch an die Besteller von insgesamt über 300 »Migrantenschreck«-Waffen. Diese Daten gab er der ZEIT und der Süddeutschen Zeitung weiter. Und die besuchten einige der Waffenkäufer zu Hause.
Wie die Zeitungen schreiben, handelt es sich dabei um ganz unterschiedliche Leute, Ärzte, Anwälte und Mechaniker, aus ganz Deutschland, Österreich und der Schweiz. Darunter befänden sich FDP- und AfD-Mitglieder, Männer und Frauen, Ex-Polizisten. Viele gaben demnach an, die Schreckschusspistolen nicht wegen, sondern trotz des Homepage-Titels bestellt zu haben. Die »Süddeutsche« zitiert jedoch auch einen KfZ-Mechaniker aus dem Berliner Umland mit den Worten: »Ich will ja keine Flüchtlinge töten. Es geht um einen Denkzettel.«
Vergangene Woche durchsuchten Fahnder Wohnungen und Geschäftsräume von 29 Menschen mit rechtem Hintergrund. Es ist zu vermuten, dass dies Kunden der Website waren. Sie fanden dabei 42 Waffen. Den Käufern droht eine Klage wegen des Verstoßes gegen das Waffengesetz – und damit bis zu fünf Jahre Haft.
Rönsch ist hingegen weiterhin auf der Flucht. Eine Weile lang soll er das Geschäft von Ungarn aus betrieben haben, wo der Verkauf und Erwerb von Schreckschuss-Pistolen deutlich geringen Auflagen unterliegt. Jetzt tauchte ein Tweet von ihm auf: »Merkel: Fuck u!«, angeblich aus Jalta auf der Krim. Da Rönsch darauf sommerlich angezogen in der glühenden Sonne steht, darf das jedoch angezweifelt werden.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft
Das »nd« bleibt gefährdet
Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.