Taverne zum fragwürdigen Gast

Im Restaurant vom »Lindenstraßen«-Wirt sollte eine Verschwörungstheoretikerin auftreten

  • Paul Liszt
  • Lesedauer: 3 Min.

Kostas Papanastasiou ist bekannt geworden als Wirt in der Fernsehserie »Lindenstraße«. Im realen Leben betreibt er seit 1974 in der Charlottenburger Grolmanstraße tatsächlich ein Restaurant. Dessen Name: »Terzo Mondo«. Später kamen noch eine Galerie und eine Bühne dazu. Seit seinem Bestehen gilt das »Terzo Mondo« unweit des Savignyplatzes nicht nur unter griechischen Linken als Institution in West-Berlin. In diesen Tagen feiert Papanastasiou seinen 80. Geburtstag mit einem mehrtägigen Griechisch-Deutschen Lesefestival.

Kritiker werfen nun in einem Offenen Brief mehreren Teilnehmern vor, in dubiosen Netzwerken zu verkehren. Sie attestieren unter anderem einen Hang zu antisemitischen Verschwörungstheorien und Schuldzuweisungen. Der Wirt rudert nun teilweise zurück. Auf nd-Anfrage erklärt er, eine führende Vertreterin der »Bürgerrechtsbewegung Solidarität« (BüSo), an der sich die meiste Kritik entzündet hatte, wieder ausgeladen zu haben.

Die Vorwürfe wogen schwer. Helga Zepp-LaRouche ist Chefin der häufig als sektenähnlich beschriebenen BüSo, die bis 1992 noch »Patrioten für Deutschland« hieß. Ihre Partei mache dunkle Mächte für das Übel in der Welt verantwortlich. Den Klimawandel bezeichne sie als »Propagandalüge«, so die Kritik. Auf der Internetseite des »Terzo Mondo« wurde Zepp-LaRouches Vortrag zu Dichtern der Vergangenheit für diesen Mittwoch angekündigt. Sie ist indes nicht der einzige umstrittene Festivalgast. Eröffnet werden sollte es am vergangenen Freitag von Initiatorin Edit Engelmann gemeinsam mit ihrem Lebensgefährten Leonidas Chrysanthopoulos. Der ehemalige griechische Botschafter in Armenien soll ebenfalls dem Umfeld von Zepp-LaRouche nahe stehen. Laut dem Offenen Brief, der »nd« vorliegt, trat er beispielsweise im Juni 2016 auf der Konferenz eines von der Büso-Chefin gegründeten Instituts in Berlin auf. Chrysanthopoulos soll sich für eine griechische Kleinpartei mit dem Namen EPAM engagieren. In einem Schaltgespräch mit dem staatlichen russischen Fernsehsender RT zur griechischen Flüchtlingsdebatte im April 2016 trat er tatsächlich vor Symbolen der Partei auf. Auf der Internetseite der linksnationalistischen, europaskeptischen »Einheitlichen Volksfront« sei ein Beitrag aus dem rechtsextremen Magazin »Zuerst« mit dem Titel »Migration als Waffe« veröffentlicht, in dem ein führender Repräsentant der Partei por᠆trätiert werde, der sich selbst als »Marxist und Patriot« bezeichne. In dem Artikel lobt der Autor, der Parteivorsitzende Dimitris Kazakis gehöre zu den »politischen Querköpfen«, die jenseits der »klassischen Links-Rechts-Schablonen« denken.

Angesprochen auf das von Gästen des »Terzo Mondo« und befreundeten Antifaschisten unterzeichnete Schreiben, reagiert Kostas Papanastasiou zerknirscht. »Diese Frau«, gemeint ist Helga Zepp-LaRouche, »wird weder morgen noch übermorgen oder an einem anderen Tag auftreten«. Bis er von verschiedener Seite auf ihren politischen Hintergrund aufmerksam gemacht worden sei, habe er sie nicht näher gekannt.

Anders verhält es sich jedoch im Fall von Leonidas Chrysanthopoulos, den habe er auf Kreta kennengelernt. Ihm seien weder die EPAM noch Äußerungen von Chrysanthopoulos bekannt, die eine Ausladung rechtfertigten. Über die Situation in Griechenland könne man unterschiedlicher Meinung sein, es komme darauf an, sich darüber auseinanderzusetzen, sagt Papanastasiou.

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