Mehr sollen länger dienen
Zielvorgabe: zwei Prozent und fast 200 000 Soldaten
Noch fahren Panzer nicht allein an die NATO-Ostgrenze und Korvetten nicht ohne Besatzungen aus dem Hafen. Auch ein Cyber-Krieg fällt ohne Soldaten aus. Das mag Friedensbewegte begeistern, militärische Planer im Verteidigungsministerium haben Albträume, denn: Die Bundeswehr stellt ein neues Panzerbataillon auf, muss zusätzlich zwei MKS-Kriegsschiffe, fünf Korvetten und zwei U-Boote bemannen und auch dem künftigen Cyber-Inspekteur mehr als einen Kraftfahrer zuordnen. Dazu kommt der laufende Betrieb, der sich immer öfter im Ausland, dies- und jenseits der Bündnisgrenzen abspielt.
Früher gingen Werber über die Dörfer, machten junge Männer erst besoffen und dann zu Rekruten. So lässt sich der Bedarf der Bundeswehr nicht decken, schon weil der beträchtlich ist. Beim sogenannten Personalboard am Dienstag wurde beschlossen, dass die Bundeswehr bis 2024 zusätzlich 5000 militärische und 1000 zivile Dienstposten bekommt. Außerdem will man 500 weitere Stellen für Reservisten schaffen. Damit erhöht sich die Sollstärke der deutschen Streitkräfte auf 198 000 Soldatinnen und Soldaten. Aktuell dienen rund 168 000 in Uniform - gerechnet ohne die sogenannten freiwillig Wehrdienstleistenden.
Das Jahresziel 2024 ist nicht von ungefähr gewählt. Bis dahin will man den 2014er NATO-Beschluss von Wales - der auf der gerade beendeten Münchner Sicherheitskonferenz so vielfach und vor allem von den USA betont wurde - erfüllen. Danach müssen die Bündnisstaaten zwei Prozent des Bruttoinlandsproduktes für die Rüstung ausgeben.
Der Bundeswehrverband, der bereits 2014 erkannt hatte, welche Zuwachschancen die russische Krimbesetzung bietet, orientiert jetzt schon auf den Verteidigungsetats der kommenden Jahre. Der müsse von derzeit 37 auf 40 Milliarden Euro im kommenden Jahr steigen, um dringend notwendige Beschaffungsvorhaben auf den Weg bringen zu können. Bis zum Ende der nächsten Wahlperiode im Jahr 2021 müsse man mindestens 45 Milliarden für die Bundeswehr ausgeben.
Geld scheint nicht das Problem zu sein. Selbst Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) erscheint außergewöhnlich spendabel und sagt: Man werde, so sagte er parallel zur Münchner Sicherheitstagung, den bereits begonnenen Weg bis 2024 weitergehen, so wie das zwischen ihm, Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) und Kanzlerin Angela Merkel abgesprochen ist.
Doch was abgesprochen ist, lässt sich ja erweitern, denn: »Die Analysen des Weißbuchs 2016 legen nahe, dass das Anforderungsprofil an die Truppe eher noch breiter wird.« So ließ sich Verteidigungsministerin von der Leyen nach den Beratungen im Personalboard zitieren. Doch trotz großer Werbekampagnen, die weit über althergebrachte »Wirtshausgespräche« hinausgehen, wird die Bundeswehr nicht von Freiwilligen überrannt. Jedenfalls nicht von fachlich gebildeten. Die haben angesichts der demografischen Entwicklung genügend Chancen im attraktiveren Zivilbereich. Also müssen andere Personallösungen her. Zum Beispiel: Länger dienen. Von der Leyen bemüht sich darum, dass das durchschnittliche Renteneintrittsalter ihrer Soldaten steigt. Zugleich will sie regulär ausscheidende Zeitsoldaten als zivile Mitarbeiter in der Bundeswehr einstellen.
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