Syrien-Treffen: Konstruktiver Auftakt in Genf
Gestiegener russischer Einfluss ist unübersehbar
In Genf haben am Donnerstag erneut innersyrische Gespräche über eine politische Lösung des Krieges begonnen. Grundlage ist die UN-Sicherheitsratsresolution 2254. Die Gespräche sollen sich auf eine neue Verfassung, Bildung einer glaubwürdigen, umfassenden und säkularen Regierung sowie Neuwahlen konzentrieren.
Bei weitaus geringerer Medienpräsenz als bei den vorherigen Runden (Montreux/Genf 2014, Genf 2015, 2016) traf der UN-Sonderbeauftragte für Syrien, Staffan De Mistura, am Morgen zunächst mit der Delegation der syrischen Regierung zusammen, die von UN-Botschafter Bashar al-Jaafari geleitet wird. Später erschien eine kleine Delegation des Hohen Verhandlungsrates (HNC) im Palast der Nationen auf dem UN-Campus. Am Mittag traf De Mistura mit einer Gruppe von syrischen Frauen zusammen, die eine »Mahnwache für Frieden in Syrien« in Genf organisiert hatten.
Die Hauptdelegation der Opposition bei den Verhandlungen in Genf bleibt die Gruppe des HNC, was von allen anderen Oppositionsgruppen kritisiert wird. Die überdimensionierte Beteiligung bewaffneter Gruppen in der HNC-Delegation (mehr als 50 Prozent der rund zwei Dutzend Delegierten) wird von der oppositionellen Moskau-Gruppe um Kadri Jamil (Volksfront für Wandel und Befreiung) und der Kairo-Gruppe kritisiert. Beide sind dennoch nach Genf gekommen.
Die Kairo-Gruppe, benannt nach dem Ort ihrer Gründung, legte in Genf Vorschläge für eine neue Verfassung in Syrien vor. Im Mittelpunkt stünden »die staatliche Identität, die Umverteilung der Macht zwischen Exekutive und Legislative, die Umverteilung der Macht des Präsidenten«, sagte Jihad Makdissi der russischen Nachrichtenagentur Sputnik News International. Er äußerte sich positiv über direkte Gespräche mit der syrischen Regierung und sagte: »Darum sind wir hierhergekommen. … Wenn De Mistura uns zu einem direkten Treffen mit dem Regime auffordert, ist das für uns kein Problem.« Seit die Türkei sich mit Russland (und Iran) auf einen Waffenstillstand geeinigt hätten, würden auch die bewaffneten Akteure in Syrien nach Moskau sehen, so Makdissi, früher Sprecher des syrischen Außenministeriums. Laut De Mistura hatte vor einem Jahr niemand voraussehen können, dass ein von den USA und Russland vereinbarter Waffenstillstand durch einen ersetzt werden könnte, der von drei Staaten - Russland, Türkei und Iran - im Astana-Prozess garantiert werde.
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