Polizei sucht Motiv nach Todesfahrt von Heidelberg
Verdächtiger außer Lebensgefahr / Ermittlungen gegen polizeilichen Schützen / Ermittler weisen Gerüchte um Herkunft des Fahrers vehement zurück
Heidelberg. Nach der tödlichen Autofahrt in eine Menschenmenge in Heidelberg rätseln die ErmittlerInnen noch über das Motiv des Fahrers. Der mutmaßliche Täter ist nach Auskunft der Polizei vom Sonntag noch nicht vernehmungsfähig, aber außer Lebensgefahr. Der 35 Jahre alte Deutsche (ohne Migrationshintergrund!) war von der Polizei mit einem Bauchschuss gestoppt und danach operiert worden. Er soll mit einem Mietwagen in die Gruppe der PassantInnen gefahren sein - ein 73-Jähriger wurde getötet und zwei weitere Fußgänger verletzt. Der 35-Jährige flüchtete zu Fuß mit einem Messer, bis die PolizistInnen ihn niederstreckten.
Der Verdächtige kommt nach dpa-Informationen aus dem Raum Heidelberg und soll nicht polizeibekannt sein. Das Auto, das er für die Todesfahrt nutzte, ist laut Polizei ein Mietwagen mit Hamburger Kennzeichen. Ob der Mann die Absicht hatte, auf der Flucht mit dem Messer mehr Menschen zu verletzen, war einem Polizeisprecher zufolge nicht bekannt. Hinweise auf einen terroristischen Hintergrund gebe es nicht. Die beiden verletzten Spaziergänger erlitten Prellungen und konnten nach ambulanter Behandlung das Krankenhaus wieder verlassen.
Nach den Schüssen auf den 35-Jährigen wird auch gegen den Polizeischützen ermittelt. Solche Überprüfungen finden nach einem Schusswaffengebrauch durch die Polizei grundsätzlich statt, wie ein Polizeisprecher sagte. PolizistInnen dürfen ihre Waffen nur in Extremsituationen einsetzen. Gründe sind meist Notwehr oder der Schutz eines Bedrohten. Das Schießen ist im Ernstfall aber auch erlaubt, wenn schwere Verbrechen oder die Flucht eines gefährlichen Täters nicht anders verhindern werden können. Der Gebrauch der Waffe sollte angedroht oder ein Warnschuss abgefeuert werden.
Im Fall von Heidelberg ist dies laut Polizei auch geschehen. Der 35-Jährige wurde mehrmals aufgefordert, sein Messer wegzulegen - das belegt auch ein verifiziertes Video, das auf Twitter zu sehen ist. In dem Video sind mehrere Polizeifahrzeuge und BeamtInnen zu sehen, die ihre Waffe auf den mutmaßlichen Täter richten. Der 35-Jährige ist auf der Aufnahme nicht zu sehen. Nach den Aufforderungen, die Waffe wegzulegen, ist ein Schuss zu hören.
Einige TwitteruserInnen missbrauchten den Vorfall für rassistische oder islamophobe Hetze. Vermehrt wurden Falschmeldungen in Bezug auf die Herkunft des Täters verbreitet. Um diesen Gerüchten etwas entgegenzusetzen, betonte die Mannheimer Polizei überaus deutlich, dass es sich bei dem mutmaßlichen Täter um einen »Deutschen ohne Migrationshintergrund« handelt. Zudem wandte sie sich an vereinzelte TwitternutzerInnen aus dem In- und Ausland, die sich offenbar nicht belehren lassen wollten und wies diese zurecht.
Die Polizei in Mannheim prüft nun auch, ob sie gegen beleidigende und anstößige Beiträge vorgehen kann. »Wir werden uns einzelne Meldungen anschauen und nach ihrem strafbaren Inhalt bewerten«, sagte Polizeisprecher Norbert Schätzle. Die Pressestelle der Polizei hatte kurz nach dem Vorfall stundenlang mit Anfragen und ausfallenden Tweets zu tun. Agenturen/nd
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