Mehr Transparenz für die Geldpolitik
Petition fordert von der EZB die Veröffentlichung eines Rechtsgutachtens zu Maßnahmen in der Eurokrise
Die Europäische Zentralbank (EZB) gibt viel auf ihre Unabhängigkeit. Sie ist im Statut festgeschrieben und wird von den Euro-Währungshütern gerne bemüht, wenn sie Forderungen von außen nach bestimmten geldpolitischen Maßnahmen zurückweisen. Im Zuge der Eurokrise und speziell der griechischen Schuldenkrise hat die EZB deutlich mehr Befugnisse und Ärger bekommen. Im Juni 2015, als sich der Streit der SYRIZA-Regierung in Athen mit dem Rest der Eurogruppe über Austeritätsmaßnahmen zuspitzte und ein Staatsbankrott drohte, spielte die Zentralbank eine wichtige Rolle. Viele Griechen wollten schnell ihr Erspartes abheben, so dass die Banken in Liquiditätsschwierigkeiten gerieten. Die EZB weigerte sich aber, die Nothilfen für die Geldhäuser weiter zu erhöhen, woraufhin Premier Alexis Tsipras ihr »Erpressung« vorwarf. Die Regierung musste Ende Juni unpopuläre Maßnahmen ergreifen: die vorübergehende Schließung der Banken und Einführung von Kapitalverkehrskontrollen.
Hat die EZB, wie linke Kritiker ihr vorwerfen, ihr Mandat missachtet? Eine zentrale Aufgabe ist ja die Sicherstellung der Geldversorgung im gesamten Euroraum. Stattdessen habe sie diese mit der Befolgung wirtschaftspolitischer Vorgaben der Eurogruppe verknüpft. Der damalige griechische Finanzminister Yanis Varoufakis wirft dem EZB-Direktorium vor, es habe nicht unabhängig entschieden, sondern sich »von dem informellen Gremium der Finanzminister steuern lassen«. Aus seiner Sicht hat gerade diese Entscheidung Europa in eine Phase des Zerfalls geführt, wie nicht nur der Brexit zeige.
Offenbar war sich die EZB selbst nicht sicher, ob das Vorgehen noch statutengerecht war, denn man gab bei einer Anwaltskanzlei ein Gutachten darüber in Auftrag. Zu welchem Ergebnis dieses kam, ist von großem öffentlichem Interesse, aber bis heute nicht bekannt. Der LINKE-Politiker Fabio de Masi bat als Mitglied des Währungsausschusses des Europaparlamentes schon 2015 um Veröffentlichung des Gutachtens. Dies lehnte EZB-Präsident Mario Draghi mit Verweis auf das Rechtsprinzip des »Anwaltsprivilegs« ab. Solche Gutachten würden unter der Voraussetzung erstellt, dass sie vom Adressaten nur an Entscheidungsträger weitergegeben werden.
Das wollen Varoufakis und De Masi nicht so einfach hinnehmen. Sie haben eine Petition gestartet, in der die Veröffentlichung des Dokuments gefordert wird. Nach einer Woche seien bereits 25 000 Unterschriften eingegangen, erklärte De Masi am Mittwoch in Brüssel. Zu den prominenten Unterstützern zählen die Ökonomen James Galbraith, Jeffrey Sachs und Gustav Horn, die linken französischen Präsidentschaftskandidaten Benoît Hamon und Jean-Luc Mélenchon sowie die deutschen Politikerinnen Katja Kipping, Sahra Wagenknecht und Gesine Schwan. Laut De Masi soll damit eine große Informationsfreiheitsanfrage an die EZB gestellt werden. Lehnt diese ab, behalte man sich rechtliche Schritte vor, die bis zur Entscheidung aber zwei Jahre dauern könnten.
Die Online-Petition findet sich unter: https://diem25.org/thegreekfiles-de/
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