NS-Täterort sichtbar machen

Auf dem Tempelhofer Feld soll ein Gedenkort über Zwangsarbeit und den Nationalsozialismus informieren

  • Jérôme Lombard
  • Lesedauer: 3 Min.

»In der kollektiven Erinnerung der Berliner ist Tempelhof das Symbol der Luftbrücke und das Tor zur Freiheit«, sagte Berlins Kultursenator Klaus Lederer (LINKE) am Dienstagabend. »Das ist ein ganz wichtiger Teil der Geschichte dieser Stadt, an den erinnert werden muss. Die Wenigsten wissen aber, für was das Gelände vor der Zeit der Freiheit von 1933 bis 1945 stand.«

Der rot-rot-grüne Koalitionsvertrag sieht vor, auf dem Gelände des ehemaligen Flughafens einen Gedenk- und Informationsort zu errichten, der an die Geschichte des Areals in der Zeit des Nationalsozialismus erinnert. Doch wie genau soll ein solcher Gedenkort auf dem Tempelhofer Feld aussehen? Seit 2012 hat sich der von der Senatskulturverwaltung beauftragte Runde Tisch »Historische Markierung Tempelhofer Feld« darüber Gedanken gemacht. Am Dienstagabend stellte das Gremium nun den gegenwärtigen Stand der Überlegungen in den Räumen der Topographie des Terrors vor.
Lederer betonte die Wichtigkeit von Gedenkstätten an authentischen Orten für die Erinnerungskultur in Berlin. Als Kultursenator wolle er sich für die Errichtung einer Gedenkstätte in Tempelhof einsetzen. »Das Gelände des Tempelhofer Felds ist ein Ort, der nicht nur architektonisch von den Nationalsozialisten geprägt wurde«, erklärte Lederer. Auf Anordnung Hitlers sollte der bereits in der Weimarer Republik eröffnete Flughafen zu einem Prestigeprojekt des nationalsozialistischen Deutschlands werden. Die heute erhaltenen, wuchtigen Flughafengebäude stammen aus der Zeit des Nationalsozialismus. Der Kriegsbeginn im September 1939 verhinderte die Fertigstellung des Tempelhofer Flughafen-Neubaus.

Am nördlichen Rand errichteten die Nazis in einer alten Militärhaftanstalt das KZ Columbia, in dem vornehmlich politische Gefangene von Gestapo und SS inhaftiert wurden. Unter ihnen waren prominente Inhaftierte wie der Rabbiner Leo Baeck und der Kommunist Werner Seelenbinder. Am östlich angrenzenden Bereich des neuen Flugfeldes entstand eine Barackenstadt für ausländische Zwangsarbeiter. Diese wurden ab Dezember 1939 in den Produktionswerken der »Weser« Flugzeug GmbH und der Lufthansa zum Bau von Kampfflugzeugen eingesetzt. Die Werke waren in den Flughafengebäuden untergebracht.

»Der Flughafen Tempelhof gehört zu den Bauwerken in Deutschland, die als NS-Großanlagen bezeichnet werden können«, sagte Andreas Nachama. Der Historiker ist Direktor des NS-Dokumentationszentrums Topographie des Terrors und Vorsitzender des Runden Tischs. Nachama erläuterte, dass es eines mehrteiligen Konzepts für einen Gedenkort auf dem Tempelhofer Feld bedürfe. »Am Haupteingang des Flughafengebäudes sollte es ein historisches Dokumentationszentrum geben. Am Columbiadamm ein Museum, das sich der Geschichte des Konzentrationslagers und den Zwangsarbeitern widmet«, so Nachama. Mit der konkreten Ausarbeitung stehe man allerdings noch am Anfang.

Dass die Errichtung eines Gedenkorts im Koalitionsvertrag verankert ist, freut Nachama sehr. »Ich bin optimistisch, dass es gelingen wird, die Geschichte von Tempelhof in all ihren Facetten für Berliner und Besucher gleichermaßen verständlich zu erklären«, sagte der Historiker und betonte, dass es dabei darauf ankomme, die verschiedenen historischen Epochen nicht gegeneinander auszuspielen und ihre jeweilige Wichtigkeit zu betonen. Auf dem ehemaligen Flughafengelände erinnern bereits mehrere Informationstafeln an die Geschichte des Areals. Am Platz der Luftbrücke steht ein Denkmal zur Erinnerung an die Versorgung Berlins durch die Westalliierten aus der Luft. Am Columbiadamm erinnert ein Mahnmal an das einstige Konzentrationslager.

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