Prozess gegen Tierquäler im Schlachthof

Erste Gerichtsverfahren in Frankreich gegen Arbeiter

  • Ralf Klingsieck
  • Lesedauer: 3 Min.

Am Donnerstag beginnt erstmals in Frankreich ein Prozess gegen Beschäftigte eines Schlachthofs, die Tiere unnötig grob behandelt oder gequält haben sollen. Vor dem Gericht im südfranzösischen Alès müssen sich drei Arbeiter des Bio-Schlachthofs von Vigan verantworten. Mitangeklagt ist der Kommunalverband von Vigan als Träger des Betriebs, weil er seiner Weisungs- und Aufsichtspflicht nicht nachgekommen sei. Die Staatsanwaltschaft hatte die Ermittlungen aufgenommen, nachdem der Tierschutzverein L214 heimlich gemachte Videoaufnahmen vorgelegt hat, die belegen, dass Geflügel, Schweine, Schafe und Rinder brutal behandelt und vor dem Schlachten regelrecht gequält wurden. Als das Landwirtschaftsministerium zudem ein Verfahren der staatlichen Veterinärbehörde eingeleitet hatte, wurde der Betrieb geschlossen.

In Kürze wollen mehr als 50 Bauern aus der Umgebung den Schlachthof als Interessengemeinschaft übernehmen. Zuvor muss sie den Behörden ihr Unternehmenskonzept vorlegen und nachweisen, wie sie gewährleisten will, dass die Tiere vor dem Schlachten »nicht in vermeidbaren Stress versetzt« und ihnen »nicht unnötige Schmerzen zugefügt werden«.

Das fordert das Gesetz, gegen das die drei Angeklagten verstoßen haben. Je nachdem, ob das Gericht ihre Taten nur als Ordnungswidrigkeit oder aber als Straftatbestand einschätzt, drohen ihnen entweder 750 bis 1500 Euro Bußgeld oder bis zu zwei Jahre Gefängnis und 30 000 Euro Geldstrafe.

»Dass ein solcher Fall von Tierquälerei bis vor Gericht führt, ist neu und zeigt, dass die Staatsanwaltschaften Anzeigen heute ernster nehmen als früher«, meint Helène Thouy, die Anwältin des Tierschutzvereins L214, der im Verfahren als Nebenkläger auftritt.

Die Arbeit der Tierschutzvereine besonders durch heimliche Aufnahmen hat in Frankreich dazu geführt, dass das Tierschutzgesetz verschärft wurde. Nach dem Zivilgesetzbuch Code Napoléon wurden Tiere bis dahin noch als »Sachen« behandelt, eine aktuelle Gesetzesänderung hat ihnen den Status von »Lebewesen« zuerkannt. Den Tierschutzvereinen ist das Gesetz allerdings zu vage formuliert, es fehlten vor allem klare Leitlinien, was bei der Aufzucht und dem Schlachten von Tieren »nötig« oder »unnötig« ist.

Die im Februar 2016 bekannt gewordenen Misshandlungen im Schlachthof von Vigan sind kein Einzelfall. So hat der Verein L214 im November vergangenen Jahres auch den Schlachthof von Limoges an den Pranger gestellt. Dort hatte sich ein Beschäftigter an den Verein gewandt, weil er nicht länger mitansehen konnte, wie trächtigen Kühen der Bauch aufgeschnitten wurde und die noch lebenden Embryos in den Müll geworfen wurden. Der Verein gab ihm eine Videokamera, mit der er dann Aufnahmen gemacht hat, die jetzt zu einem weiteren Strafverfahren führen dürften.

»Wir sind empört und verurteilen solche Handlungen aufs Schärfste«, erklärte dazu Christian Lambert, Vizepräsident des Bauernverbandes FNSEA, sprach jedoch von »Einzelfällen«. Der Bauernverband musste allerdings einräumen, dass der auf die Beschäftigten der Schlachthöfe ausgeübte Leistungsdruck zu oft zu solchem »Fehlverhalten« führen kann. Um das künftig auszuschließen, hat das Parlament kürzlich per Gesetzesänderung verfügt, dass ab 2018 in allen Schlachthöfen das Betäuben und Töten der Tiere per Videokamera festgehalten und die Aufnahmen für eventuelle Nachforschungen ein Jahr gespeichert werden müssen.

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