Vier Tote bei Lkw-Anschlag in Stockholm
Schweden verstärkt nach mutmaßlichen Terroranschlag Grenzkontrollen / Polizei fahndet weiter nach Attentäter
Stockholm. Erneut hat ein Attentäter in Europa einen Lastwagen für einen tödlichen Anschlag eingesetzt. Im Zentrum von Stockholm raste ein Angreifer am Freitag mit einem gestohlenen Lkw durch eine Einkaufsstraße und tötete vier Menschen, 15 weitere wurden verletzt. Die Polizei fahndete unter Hochdruck nach dem Täter. Am Abend wurde in einem Stockholmer Vorort ein Mann festgenommen, laut Polizei handelte es sich jedoch nicht um den Attentäter.
Der Anschlag ereignete sich gegen 15.00 Uhr an der wichtigsten Einkaufsmeile Stockholms, Drottninggatan. Der Lkw raste die Fußgängerzone entlang durch einkaufende Passanten, schließlich krachte er in das Kaufhaus »Ahlens«. »Schweden wurde angegriffen«, erklärte Ministerpräsident Stefan Löfven. »Alles deutet auf einen Terroranschlag hin.« Löfven ordnete eine Verstärkung der Grenzkontrollen an.
Die Tat: Um 14:55 Uhr ging nach Angaben der Sicherheitspolizei der Notruf ein, dass im Herzen Stockholms ein Lastwagen in eine Menschenmenge gefahren sei und viele Menschen verletzt habe. Anschließend fuhr der Lastwagen in ein Kaufhaus.
Das Tatfahrzeug: Der Laster gehört einer Brauerei. Ein Sprecher sagte im schwedischen Radio, der Fahrer habe gerade ein Restaurant beliefern wollen, als ein Maskierter vorne in die Fahrerkabine gesprungen und mit dem Wagen weggefahren sei.
Die Opfer: Es gab nach vorläufigen Angaben vier Tote und 15 Verletzte.
Ein am Abend in einem Vorort von Stockholm festgenommener Mann sei nicht derjenige, der den Lkw durch die Menschenmenge gesteuert hatte, erklärte ein Polizeisprecher bei einer Pressekonferenz. Er ähnele zwar dem Mann, der von einer Überwachungskamera nahe dem Tatort gefilmt worden war, habe aber den Lkw nicht gelenkt. Die Videoaufnahmen zeigten einen Verdächtigen mit über den Kopf gezogener schwarzer Kapuze und olivgrüner Jacke.
Nach dem Angriff spielten sich in der schwedischen Hauptstadt chaotische Szenen ab. Menschen flohen in Panik aus der Einkaufsstraße, Hubschrauber kreisten über dem Stadtzentrum. Ein Augenzeuge berichtete, der Lastwagen sei plötzlich »aus dem Nichts« aufgetaucht: »Ich habe gesehen, wie mindestens zwei Menschen überfahren wurden. Ich bin davongerannt, so schnell ich konnte.«
Die Polizei sperrte die gesamte Umgebung ab. Polizeiautos fuhren durch die Stadt und forderten die Bewohner per Lautsprecherdurchsage auf, nach Hause zurückzukehren und Menschenmengen zu meiden. Der öffentliche Nahverkehr wurde eingestellt. Das Stadtzentrum war am Nachmittag wie ausgestorben, die Geschäfte hatten die Rollläden heruntergelassen.
Am Tatort war ein großer Lastwagen mit blauer Plane und schwer beschädigtem Fahrwerk zu sehen, der quer in dem Kaufhaus zum Stehen gekommen war. Nach Angaben der Spedition Spendrups war der Lkw zuvor während einer Lieferfahrt zu einem Restaurant gestohlen worden.
Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier zeigte sich erschüttert von dem »brutalen Angriff auf unschuldige Menschen«. »Wir stehen zusammen gegen den Terror«, erklärte Regierungssprecher Steffen Seibert in Berlin. »Ein Angriff auf eines der Mitgliedsländer ist ein Angriff auf uns alle«, betonte EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker in einem Beileidsschreiben. Der Anschlag habe sich gegen »unseren Lebensstil« gerichtet.
Das Auswärtige Amt in Berlin rief Reisende in Stockholm zur Vorsicht auf. Sie sollten vorerst in ihren Unterkünften bleiben und die Lageentwicklung über die Medien verfolgen. Schweden war bislang von größeren Anschlägen verschont geblieben.
In den vergangenen Monaten waren in mehreren europäischen Ländern islamistische Anschläge mit Fahrzeugen verübt worden. Der folgenschwerste ereignete sich am 14. Juli 2016 in Nizza: 86 Menschen wurden getötet. Beim Lkw-Anschlag auf den Weihnachtsmarkt an der Berliner Gedächtniskirche am 19. Dezember 2016 starben zwölf Menschen. In der britischen Hauptstadt London steuerte am 22. März ein Angreifer ein Auto in eine Gruppe von Passanten und erstach anschließend einen Polizisten. Alle Anschläge reklamierte die Dschihadistenmiliz Islamischer Staat (IS) für sich. Agenturen/nd
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