Weitere Warnstreiks in Fast-Food-Ketten geplant
Gewerkschafter zeigen sich enttäuscht über mickriges Angebot von Arbeitgeberseite
Im seit Monaten anhaltenden Tarifkonflikt zwischen dem Bundesverband der Systemgastronomie (BdS) und der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) ist kein Ende abzusehen. Am Wochenende brachen die Gewerkschaften die vierte Verhandlungsrunde in Wiesbaden ergebnislos ab. Damit sind weitere Warnstreiks programmiert.
Die Systemgastronomie ist eine wachsende Branche mit bundesweit über 100 000 Beschäftigten. Dazu zählen Konzerne wie McDonald’s, Burger King, Starbucks, Pizza Hut, Nordsee und Tank & Rast oder Autogrill. Überwiegend sind Schnellrestaurants und Autobahnraststätten mit diesen Bezeichnungen Franchiseunternehmen. Längst nicht alle haben eine Tarifbindung.
In der laufenden Tarifrunde fordert die NGG eine Einkommenserhöhung von sechs Prozent bei einer Laufzeit von 12 Monaten. In den vergangenen Wochen gab es bundesweit bereits über 50 Warnstreiks und Aktionen. Mit diesem Druck im Rücken hatten sich die Gewerkschafter von der Wiesbadener Verhandlungsrunde einen Durchbruch erhofft. So zeigten sie sich enttäuscht, als am Wochenende der BdS für die unterste Tarifgruppe auf einem Stundenlohn von 8,90 Euro ab Mai 2017 als ultimatives Verhandlungsangebot beharrte. Erst in einer zweiten Stufe ab August 2018 will die Arbeitgeberseite neun Euro pro Stunde anbieten. Auch für die anderen Tarifgruppen lag die BdS-Vorstellung nach Gewerkschaftsangaben nur zwischen 1,5 bis drei Prozent bei einer Laufzeit von zwei Jahren.
»Der BdS war nicht bereit, ein akzeptables Angebot vorzulegen. Sechs Cent mehr pro Stunde über dem gesetzlichen Mindestlohn sind nicht verhandelbar«, so NGG-Verhandlungsführer Guido Zeitler auf nd-Anfrage. Man wolle nicht wieder in eine Situation geraten, in der eine künftige gesetzliche Anhebung des Mindestlohns den Tariflohn übertreffe, so der stellvertretende NGG-Bundesvorsitzende. »Ein Weltkonzern wie McDonald’s, der Platzhirsch im BdS, mit einem Umsatz von mehr als drei Milliarden Euro allein in Deutschland will seine Beschäftigten mit Niedrigstlöhnen abspeisen. Dieses Geschäftsmodell, wonach in Vollzeit arbeitende Menschen ihren Lohn letztlich mit Leistungen von Arbeitsagentur und Jobcenter aufstocken müssen, trägt zur sozialen Ungerechtigkeit bei.«
Eindeutig äußerten sich auch andere Mitglieder der Tarifkommission. »Dieses Angebot knapp über dem Mindestlohn ist völlig inakzeptabel. Unsere Kolleginnen und Kollegen arbeiten 24 Stunden am Tag und 365 Tage im Jahr«, erklärte Veit Otto, Betriebsratsvorsitzender von Autogrill in Eisenach gegenüber »nd«. »Wir kämpfen weiter.« Otto erinnerte daran, dass auch andere Autobahnraststätten des Autogrill-Konzerns wie Donautal, Frankenhöhe oder Rhön in den vergangenen Wochen gestreikt hätten.
2014 hatten die Autogrill-Beschäftigten nach monatelangem Kampf erreicht, dass das Unternehmen den Beitritt in den BdS und die Übernahme der Tarifverträge erklärte. Mit dem Einstieg wurden für die Servicekräfte an den Tankstellen, Restaurants, Bistros und Kiosken endlich auch Zuschläge für Überstunden, Nacht- und Feiertagsarbeit sowie Weihnachts- und Urlaubsgeld gesichert.
Enttäuscht zeigte sich in Wiesbaden auch Nordsee-Betriebsrat Volker Petri aus Bremerhaven. »Das Angebot gleicht einer Demütigung. Die haben nicht begriffen worum es im Ansatz geht«, so der Gewerkschafter.
»Uns erwartet Altersarmut und Elend. Dieses Angebot kann ich meinen Kolleginnen und Kollegen nicht verkaufen. Wenn ich mit dem Ergebnis zurückgekommen wäre, hätten die mich zu Recht vor die Tür gewiesen«, meinte ein weiteres Tarifkommissionsmitglied. »Es kann nicht sein, dass die uns mit Centbeträgen abspeisen wollen und die Steuerzahler die Löhne von Mc Donald's subventionieren«, empört sich eine Gewerkschafterin aus Kiel. »Das ist eine Frechheit. Wir lassen wir uns das nicht länger bieten und werden dagegen weitere Warnstreiks und Aktionen durchführen.«
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