Im Rhythmus des Regens

Volk der Lozi in Sambia feiert seinen König mit einer farbenfrohen Prozession

  • Annedore Smith, Mongu
  • Lesedauer: 3 Min.

Die schwarz-weiß gestreifte Barke mit riesiger Elefantenskulptur gleitet majestätisch durch die überfluteten Sambesi-Auen. Ein Massenaufgebot an Paddlern in traditioneller Stammestracht ist im Einsatz, um den Litunga, den König des Lozi-Volks, in Sicherheit zu bringen. Seinem »Nalikwanda«-Boot folgen auf dem Fluss die kleinere »Mbolyanga« mit den Edelfrauen, das Boot mit dem königlichen Hausrat und schließlich Würdenträger sowie zahlreiche Schaulustige.

Die farbenfrohe Wasserprozession hat sich im Lauf der Jahrzehnte zu einem großen Volksfest entwickelt. Für viele Lozi ist es die bedeutendste Einnahmequelle des Jahres. Tausende Besucher strömen zur »Kuomboka« in die kleine Provinzhauptstadt Mongu im Westen Sambias. »Kuomboka« - »aus dem Wasser kommen« - heißt das Fest, das den Höhepunkt der Regenzeit markiert. Nach dem heftigen Regen der letzten Monate sind die Pegel in der Region Barotseland kräftig angestiegen. Die Fluten drohen den Palast des Litungas in Lealui zu überfluten, deswegen werden König und Hofstaat durchs Schwemmland des Sambesi zu seiner höher gelegenen Residenz im 20 Kilometer entfernten Limulunga gebracht.

So steuerten am Wochenende wieder rund 180 Paddler die »Nalikwanda« durch die Auen. Trommeln bestimmten eindrucksvoll den Rhythmus der Paddelschläge, und die bunten, wallenden Röcke und roten Baskenmützen der traditionellen Lozi-Tracht sorgten für ein großartiges Farbenspiel. Als der Litunga im Zielhafen von Bord geht, scheint der Jubel der Tausenden Zuschauer grenzenlos. Mit traditionellen Tänzen und Gesängen wurde dem Litunga gehuldigt. Dann verschwand der König hinter den hohen Mauern seines Palastes.

»Die Menschen wollen ihren Litunga feiern. Sie verehren ihn wie eh und je«, erklärt Pastor Daniel Nawa. »Das ist eben unsere Tradition.«

Die Lozi leben schon immer im Rhythmus des Regens: Wenn der mächtige Sambesi das Schwemmland füllt, bringen sie ihr Hab und Gut in Sicherheit und führen die Tiere zu höher gelegenen Weidegründen. Der Fluss bestimmt das Leben - und die »Kuomboka«-Prozession markiert alljährlich den Höhepunkt dieses Lebens mit den Launen des Flusses.

Die Prozession gibt der Kultur der Lozi stets Auftrieb. Das Auftreten in ihren Trachten, das Beschwören alter Bräuche eint die Lozi. Ihr Gebiet gilt heute als eine der am wenigsten entwickelten Regionen Sambias. Die schätzungsweise 250 000 Lozi spielen in dem Land im südlichen Afrika nur noch eine untergeordnete Rolle. Außer am Tag der »Kuomboka«: Da blicken die rund zehn Millionen Sambier auf die Lozi - Präsident Edgar Lungu nimmt persönlich teil.

Doch selbst im Reich der Lozi bröckeln die Traditionen. In den vergangenen drei Jahren war die Zeremonie ausgefallen. 2014 war die Frau des Litungas gestorben, 2015 waren wegen mangelnden Regens die Wasserstände nicht hoch genug - 2016 schien es keinen triftigen Grund für eine Absage zu geben. Offiziell hieß es, der seit 2000 amtierende König Lubosi Imwiko II. trauere noch um seine Frau. Das wollte ihm jedoch keiner abnehmen. Der Litunga missachte die Tradition, was unter seinem Vorgänger Ilute niemals passiert wäre, hieß es.

Das Amt des Litungas wird nicht vererbt: Der König wird traditionell aus dem Kreis der höchsten Würdenträger der Lozi, der Indunas, auf Lebenszeit bestimmt. Für eine Abwahl gibt es keinen Mechanismus - das bedauern manche Lozi, denn als Identitätsstifter hat sich Lubosi Imwiko II. nicht erwiesen. Der erfolgreiche Geschäftsmann hält sich fast ausschließlich in der Hauptstadt Lusaka oder auf seinen Ländereien auf, kaum aber bei seinem Volk. Doch nun hat sich der König wieder beliebter gemacht. »Die ›Kuomboka‹ ist für uns Lozi nicht nur ein tolles Fest, sondern tiefer Ausdruck unserer Volksseele«, bilanziert Liwena Mukeya, Direktor des Radiosenders Mungu FM. dpa/nd

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