Venezuela-Solidaritätsbewegung übt den Schulterschluss

Deutsche Unterstützergruppen mobilisieren für die Linksregierung von Nicolás Maduro

  • Hans-Gerd Öfinger
  • Lesedauer: 3 Min.

»Gerade jetzt müssen wir solidarisch an der Seite der linken Regierung Venezuelas stehen. Wenn die Rechte mit Hilfe der USA destabilisiert, müssen wir uns deutlich gegen rechts positionieren«, zeigt sich die hessische Landtagsabgeordnete Gabi Faulhaber (LINKE) dieser Tage bei einer Venezuela-Solidaritätsveranstaltung in Frankfurt am Main überzeugt. »Fallt nicht auf die einseitige Medienberichterstattung herein«, appellierte sie. Auch wenn die Regierung Maduro in Caracas Fehler gemacht habe, könne solidarische linke Kritik auch Unterstützung sein, ist Faulhaber überzeugt. Sie sieht Parallelen zum Putsch in Chile 1973. »Wenn Unternehmen der Bevölkerung monatelang Waren des täglichen Bedarfs vorenthalten, um sie zum Sturz der Regierung zu nötigen, ist das verbrecherisch.«

Faulhaber und andere fühlen sich auch unter schwierigen Bedingungen der bolivarischen Bewegung in Venezuela verbunden, die der 2013 verstorbene Präsident Hugo Chávez kurz vor der Jahrtausendwende angestoßen hatte und die lange weltweit ausstrahlte. So bekundeten allein in Frankfurt kürzlich bei drei Veranstaltungen Solidaritätsgruppen, linke Aktivisten, hier lebende Lateinamerikaner und Mitglieder der spanischen Linkspartei Podemos im Beisein des venezolanischen Generalkonsuls ihren Schulterschluss mit der bedrängten Regierung in Caracas und der sie tragenden Basisbewegung.

Der Höhepunkt der europaweiten Solidarität mit der bolivarischen Revolution liegt lange zurück. Im Mai 2006 begeisterte Chávez am Rande des Wiener EU-Lateinamerika-Gipfels bei einer Kundgebung in einem Kulturzentrum mehrere Tausend Anhänger. Er hatte Umsturzversuche der Oligarchie überstanden. Der revolutionäre Prozess und die mit ihm einhergehenden Sozialreformen zeigten Wirkung. Chávez konnte in über einem Dutzend Wahlen und Volksabstimmungen siegen und regte den »Sozialismus des 21. Jahrhunderts« sowie die Bildung der sozialistischen Massenpartei PSUV an. Dass er es wagte, Milliardeneinnahmen aus dem Erdölgeschäft für Armutsbekämpfung einzusetzen, brachte die Oligarchie und US-Präsident George W. Bush zur Weißglut. Basisstrukturen und Kommunen wurden gegründet, eine Volksmiliz geschaffen, in Betrieben um Arbeiterkontrolle gestritten. »Viele hofften, dass sich eine Alternative zum Kapitalismus entwickelt, die international ausstrahlt und den Begriff Sozialismus auch in Europa wieder popularisiert«, erinnert sich der Wiener Marxist Emanuel Tomaselli, der 2006 zusammen mit der Solidaritätsbewegung »Hände weg von Venezuela« den Chávez-Auftritt einfädelte. »Wir übten praktische Solidarität für die Bewegung der besetzten Betriebe und Kritik an den Medien, die 2002 eine zentrale Rolle im Putsch gegen Chávez spielten.« Auf der Tribüne in Wien stand Außenminister Nicolás Maduro, der nach dem Krebstod von Chávez 2013 die Präsidentschaftswahl knapp gewann.

Doch in der Parlamentswahl Ende 2015 konnte sich nicht zuletzt wegen wirtschaftlicher Probleme und Versorgungsengpässe das rechte Oppositionsbündnis MUD durchsetzen. Maduro wirft der Oligarchie und ihren Anhängern einen Wirtschaftskrieg sowie gezielte Randale und Vandalismus vor. Dass vor wenigen Tagen Hunderttausende Anhänger der bolivarischen Revolution in Caracas einen Marsch der Opposition auf das Regierungsviertel stoppten, haben auch europäische Solidaritätsaktivisten mit Erleichterung aufgenommen. »Man kann keine halbe Revolution machen«, meint der Wiener Tomaselli und kritisiert, dass Maduro der Oligarchie zu viele wirtschaftliche Zugeständnisse mache, obwohl diese auf Sabotage setze. Im Einklang mit linken Chavisten hält er eine Enteignung der Oligarchie, Arbeiterkontrolle in Betrieb und Wirtschaft und die Ersetzung des bürgerlichen Staatsapparates durch Rätestrukturen für dringend geboten, um die Erfolge der Revolution dauerhaft abzusichern.

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