Eltern haften nicht für Käufe der Kinder über 0900-Nummer
Urteil des Bundesgerichtshofs
Wenn Kinder hinter dem Rücken ihrer Eltern über teure 0900-Telefonnummern einkaufen, müssen diese nicht die Rechnung zahlen. Solange sie die Zahlung als Anschlussinhaber nicht autorisiert haben, haftet grundsätzlich der Dienstleister, entschied der Bundesgerichtshof (BGH) mit Urteil vom 4. April 2017 (Az. III ZR 368/16). Damit bleibt es einer Mutter erspart, eine Rechnung von 1250 Euro zu begleichen.
Ihr Sohn hatte mit 13 Jahren ein zunächst kostenloses Computerspiel gespielt. Nach dem »kostenlosen Anfüttern« wurden dem Jungen zusätzliche Ausrüstungsgegenstände angeboten, die allerdings kostenpflichtig waren. Beim Kauf konnte das Kind am PC wählen, ob es mit einer Kreditkarte zahlen wollte oder über das sogenannten Pay-by-Call-Verfahren mit einem Anruf bei einer bestimmten 0900-Nummer.
Der Junge wählte den Weg über die 0900-Nummer des Bezahldienstes und kaufte über Codes des Spieleanbieters in 21 Telefonaten für 1250 Euro weitere Ausrüstungen.
Der BGH entschied nun im Gegensatz zu den Vorinstanzen, dass die Mutter für die Kosten nicht aufkommen muss. Das folgenreiche Urteil schützt nicht nur Eltern, sondern alle Leute, deren Telefonanschluss ohne ihr Wissen für teure Bestellungen missbraucht wird.
Denn der zuständige Senat entschied, dass eine Vorschrift im Telekommunikationsgesetz nicht für Zahlungsdienste übers Telefon gilt. Nach diesem Paragrafen hätte die Mutter nachweisen müssen, dass ihr die Nutzung der Leistungen »nicht zugerechnet werden kann«. Die Freischaltung der Zusatzausrüstung sei nicht unmittelbar im Spiel, sondern über die Freischaltung durch den Dienstanbieter erfolgt. Deswegen gelte eine gesetzliche Sonderregel im Telekommunikationsgesetz, wonach Telefonanschlussinhaber nicht haften, wenn ihnen »die Inanspruchnahme von Leistungen des Anbieters nicht zugerechnet« werden kann.
Im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) steht aber, dass für nicht autorisierte Zahlungen der Dienstleister haftet. Auf dieser Grundlage entschieden die Richter den Fall.
Allerdings kann der Fall zum Beispiel bei Anrufen von Kindern bei einer Sex-Hotline anders ausgehen. Denn hier wird die Leistung quasi direkt am Telefon erbracht.
Sogenannte Free-to-Play-Spiele sind ein wachsender Markt. Die Basisversion ist gratis. Bestimmte Extras müssen aber bezahlt werden. Über »Pay by Call« passiert das eher selten. Gängiger ist die Abrechnung über die Mobilfunkrechnung, denn viele spielen inzwischen auf dem Smartphone oder Tablet-Computer.
Auch die Zahlung per Überweisung, Lastschrift oder Kreditkarte ist möglich. Wer Guthabenkarten im Geschäft kauft, hat von vorn herein nur eine begrenzte Summe zum Ausgeben zur Verfügung. dpa/nd
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