Meister der Striche

A.R. Penck gestorben

  • Dorothea Hülsmeier und Sabine Glaubitz
  • Lesedauer: 2 Min.

Wenige zeitgenössische Künstler machten sich so unsichtbar wie A. R. Penck. Der Meister der Strichmännchen verweigerte sich dem Kunstbetrieb, während seine Bilder und Objekte hoch gehandelt wurden. Nun starb Penck nach längerer Krankheit am Dienstag in Zürich. Er wurde 77 Jahre alt. Wie Sigmar Polke und Gerhard Richter gehörte Penck zu den bedeutenden Kunstprotagonisten, die aus der DDR in den Westen kamen.

Mit seinem Künstlernamen verwies Penck, der am 5. Oktober 1939 unter dem Namen Ralf Winkler in Dresden geboren wurde, auf den Eiszeitforscher und Geologen Albrecht Penck (1885 - 1945). Das mag mit dem naturwissenschaftlichen Anspruch zusammenhängen, den auch der Künstler Penck an seine Arbeit stellte. Er malte nicht einfach an prähistorische Höhlenmalerei erinnernde Strichmännchen und primitivistische Zeichen, sondern reflektierte Mathematik, Kybernetik und Mechanik in seinen Bildern. Lange vor Keith Haring (1958 - 1990) oder Jean-Michel Basquiat (1960 - 1988) arbeitete Penck bereits im Graffiti-Stil.

Der künstlerische Autodidakt, der als Kind im Jahr 1945 die Luftangriffe auf seine Heimatstadt Dresden erlebt hatte, malte bereits mit zehn Jahren erste Ölbilder. Später belegte er Abendkurse im Aktzeichnen, wurde aber von den Kunsthochschulen der DDR abgelehnt, die mit seinen Denksystemen nichts anfangen konnten. Pencks internationaler Durchbruch war die Teilnahme an der documenta 1972. Teilnehmen konnten allerdings nur seine Bilder, denn die DDR-Behörden verwehrten Penck die Reise nach Kassel. Später schmuggelte er seine Bilder als Geschenkpakete getarnt in den Westen.

Berühmt ist Pencks Bild »Der Übergang« von 1963, auf dem ein schwarzes Strichmännchen auf einem brennenden Brett über eine Schlucht balanciert. Das Bild wird meist als Metapher für die damalige Teilung der beiden deutschen Staaten gesehen.

Nach seiner Ausbürgerung 1980 siedelte Penck nach Kerpen bei Köln über, danach zog er weiter nach London. Penck entwickelte einen unverwechselbaren Stil. Penck gilt auch als Vater der »Neuen Wilden«, einer Bewegung der frühen 1980er Jahre mit einer ironischen und provokativen Ästhetik.

Als Mitte der 1980er Jahre Fotografie und Video die Kunst aufwirbelten, machte Penck Holzskulpturen. Der renitente Künstlernomade war ohnehin nie nur auf Malerei fixiert. Er schrieb theoretische Texte, Gedichte mit viel Wortwitz und Essays. Seine heimliche Liebe aber galt der Musik. Penck spielte Klavier und Gitarre und war Jazzmusiker. dpa/nd

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