Palmer provoziert mit Forderungen zur Flüchtlingsfrage
Tübingens grüner Oberbürgermeister verärgert erneut seine Parteikollegen mit Antrag zur EU-Grenzsicherung
Berlin. Bei den Grünen geht der Streit ums Wahlprogramm los: Mit einem Antrag zur EU-Grenzsicherung verärgert der für seine Provokationen bekannte Tübinger Oberbürgermeister Boris Palmer seine Parteikollegen. Der umstrittene Politiker will ins Programm schreiben, angesichts von 60 Millionen Flüchtlingen seien »offene Grenzen keine Option« und Deutschland könne »nicht allen Menschen, die aus guten Gründen nach Europa kommen wollen, helfen«. Weiter heißt es. »Europa muss in der Lage sein, die Außengrenzen eigenständig zu sichern.«
Der Vorstoß erntet bei den Grünen breite Kritik. »Palmers denunziatorischer Duktus gegenüber einer menschenrechtlich orientierten Flüchtlingspolitik ist unsäglich«, empörte sich der migrationspolitische Sprecher der Bundestagsfraktion Volker Beck. Parteiratsmitglied Erik Marquardt warf Palmer in der »taz« vor, eine falsche Realität zu konstruieren: »Palmer suggeriert, Millionen von Menschen könnten einfach so in die EU spazieren«, sagte Marquardt. »Er betreibt Angstmache.« Der Berliner Landespolitiker Georg Kössler kommentierte den Antrag online: »Tübingen ist nicht der grüne Markenkern, sondern nur ein konservatives Abziehbild davon.«
Die Grünen haben im März einen Entwurf für ihr Wahlprogramm vorgestellt, Mitte Juni soll ein Bundesparteitag in Berlin über die Endfassung entscheiden. Im Entwurf heißt es unter anderem: »Statt die Grenzen dicht zu machen, setzen wir auf sichere Zugangswege nach Europa, etwa durch ein großzügiges EU-Kontingent bei der Aufnahme von syrischen Flüchtlingen aus der Türkei.«
Palmer war in der Vergangenheit schon häufiger durch gezielte Provokationen in der Flüchtlingsthematik aufgefallen. So hatte er beispielsweise im vergangenen Jahr gefordert, gewaltbereite Flüchtlinge notfalls auch nach Syrien abzuschieben und dafür neben scharfer Kritik jede Menge Spott und Häme von seinen Parteifreunden geerntet. Ob sein erneutes Plädoyer für einen härteren Gang in der Flüchtlingspolitik dieses Mal besser ankommt als seinerzeit, wo die Grünen-Vorsitzende Simone Peter seinen Vorschlag als »klassischen Palmer-Nonsens« abkanzelte, scheint fraglich. dpa/nd
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