Noch viel zu tun beim Netzausbau
Bundesnetzagentur zieht optimistische Bilanz des vergangenen Jahres / Breitbandverkabelung geht langsam voran
Bonn. Die drei großen Stromautobahnen für den Transport von Windstrom nach Bayern und Baden-Württemberg sollen nach den Planungen der Bundesnetzagentur fristgerecht bis 2025 fertig werden. »Wir legen ein erhebliches Tempo vor. Bis 2025 sollten sie - wenn es irgend geht - stehen«, sagte der Chef der Bonner Behörde, Jochen Homann, am Montag bei der Vorstellung seines Jahresberichts. Für die Projekte, die zentral für ein Gelingen der Energiewende sind, habe die Beteiligung der Öffentlichkeit begonnen. Die Konferenzen sollten bis zu den Sommerferien abgeschlossen sein. »Wir sind gut aus den Startlöchern gekommen«, meinte Homann.
Konkret geht es um das Herzstück des deutschen Leitungsausbaus: die rund 700 Kilometer lange »Südlink«-Trasse von Brunsbüttel nach Großgartach bei Heilbronn und Grafenrheinfeld in Bayern sowie die rund 534 Kilometer lange »Südostlink« von Wolmirstedt in Sachsen-Anhalt zum Netzpunkt Isar nordöstlich von Landshut. Hinzu kommt eine mehr als 600 Kilometer lange Leitung im Westen, die Strom aus Nordseewindrädern von Emden über Osterath in Nordrhein-Westfalen bis Philippsburg in Baden-Württemberg transportieren soll.
Nach heftigen Diskussionen und vor allem heftigem Widerstand von Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) hatte die Bundesregierung beschlossen, die Leitungen vorrangig unter der Erde zu verlegen, was Milliarden an Mehrkosten gegenüber der ursprünglichen Planung als Überlandleitungen bringt.
Dafür zahlen die Verbraucher über die sogenannten Netzentgelte bei ihrer Stromrechnung. »Der Anteil der Netzentgelte am Strompreis wird weiter steigen«, sagte Homann am Montag voraus. Andererseits seien ohne ausreichend dimensionierte Stromnetze immer wieder teure Noteingriffe der Netzbetreiber für die Sicherstellung der Stromversorgung nötig. Sie hätten im Jahr 2015 insgesamt rund 1,1 Milliarden Euro gekostet, 2016 dank des für Wind- und Solarstrom überwiegend günstigen Wetters etwas weniger. Dort sei aber noch keine Trendwende erreicht.
Auch der Ausbau des Telekommunikationsnetzes mit Breitbandkabeln werde »intensiv vorangetrieben«, versprach Homann. Etwa 75 Prozent der Verbraucher in Deutschland könnten derzeit schnelle Leitungen mit über 50 Megabit pro Sekunde nutzen. Dabei seien Städte aber mit 90 Prozent im Verhältnis zu ländlichen Regionen deutlich überrepräsentiert.
Nach gerichtlichen Auseinandersetzungen um das sogenannte Vectoring sei nun der Weg frei für die schnelle Verbesserung der Kupferverbindungen. Dies stelle aber nur eine Übergangstechnologie dar, die bald an ihre Grenzen stoßen werde, betonte Homann. Die Datenvolumina wüchsen weiter in rasantem Tempo. So seien allein 2016 ein Drittel mehr Daten über das Festnetz übertragen worden als ein Jahr zuvor. In den Mobilfunknetzen wuchs die Datenmenge gar um 60 Prozent.
Derzeit ist Nordrhein-Westfalen mit einer Abdeckung von mehr als 82 Prozent beim schnellen Internet führend unter den Flächenländern. Schlusslichter sind Sachsen und Mecklenburg-Vorpommern mit jeweils 57 Prozent. Vor allem im ostdeutschen Küstenland erschwert die Größe der Fläche und die dünne Besiedlung den raschen Ausbau. In den ländlichen Gebieten liegt die Abdeckung derzeit nur bei 15 Prozent. Homann gab sich dennoch vorsichtig optimistisch: »Ich glaube an die 50 Mbit«, sagte er, allerdings sei »Glaube nicht Wissen«. Die Netzagentur werde den Ausbau jedenfalls nach Kräften unterstützen.
Einen Rekord vermeldete die Netzagentur bei Beschwerden im Telekommunikationsbereich - etwa Ärger mit Telefongesellschaften beim Umzug oder Anbieterwechsel oder über unerwünschte Telefonwerbung. 220 000 solcher Beschwerden seien bei der Behörde 2016 eingegangen, sagte Homann - 18 000 pro Monat. Unerlaubte Werbeanrufe gingen dabei von Hundefutter bis zu Pornoangeboten. Die Aufsichtsbehörde habe über 3000 Telefonnummern zwangsabgeschaltet und fast 900 000 Euro an Bußgeldern verhängt. dpa/nd
Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.
Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.
Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.
Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.