Italien erwartet 200 000 Flüchtlinge

Rundbrief an Regionen, Provinzen und Gemeinden

  • Wolf H. Wagner, Florenz.
  • Lesedauer: 2 Min.

An den Küsten Libyens, Ägyptens und Tunesiens werden derzeit Tausende Menschen ausgemacht, die den riskanten Sprung nach Europa wagen wollen. Das Innenministerium erwartet für 2017 etwa 200 000 Flüchtlinge aus Krisengebieten, die aufgenommen werden müssen. 2016 kamen 181 000 Menschen.

Die Behörden sind bereit zu handeln, gleich ob am Rande der Flüchtlingskatastrophe Diskussionen losgetreten werden, ob die im Mittelmeer agierenden Hilfsorganisationen mit Schleppern kooperieren. Organisationen wie Sicherheitsdienste haben solche Vorwürfe zurückgewiesen und angemahnt, sich den wirklichen Problemen zu widmen.

»Jede Stelle muss das Ihrige tun«, heißt es in einem Rundbrief des Ministeriums. Regionen, Provinzen und Gemeinden sind aufgerufen, ihren Anteil an der Bewältigung der neuen Flüchtlingswellen zu übernehmen. Dabei gibt es vom Innenministerium Quotenvorgaben. Gemäß einem Abkommen vom 10. Juli 2014 soll jede Region eine gewisse Prozentzahl Flüchtlinge aufnehmen, die Lombardei zum Beispiel 14,15 Prozent, Latium 8,6 Prozent. Ausnahmen werden nur den Regionen zugesprochen, die in den vergangenen Monaten von den Erdbeben betroffen waren.

Seit Jahresbeginn, so die Statistiken des Innenministeriums, sind 43 245 Bootsflüchtlinge aus Nordafrika an den Südküsten des Landes angekommen. Gegenüber dem Vorjahreszeitraum bedeutet dies eine Steigerung um 38,54 Prozent.

In Zusammenarbeit mit der nationalen Gemeindeagentur Anci hat das Innenministerium eine Quote für die Aufnahme von Flüchtlingen festgelegt. Kommunen mit einer Bevölkerung bis 2000 Einwohner sollen sechs Migranten aufnehmen. Gemeinden, die von über 2000 Bürgern bewohnt werden, nehmen 3,5 Flüchtlinge je 1000 Bewohner auf.

Zum neuen Regime gehört auch die Einrichtung weiterer elf Auffanglager, in denen die Identität der Flüchtlinge sowie ihr Asylstatus festgestellt werden. Einwanderer aus sogenannten sicheren Herkunftsländern sollen schneller erkannt und in ihre Heimatländer zurückgeschickt werden. Dazu wurden vier weitere Abschiebestationen eingerichtet: Gradisca d’Isonzo in Friaul-Julisch Venetien, die Kasernen von Pontechiari in der Lombardei und Ponte Galeria bei Rom sowie das Gefängnis von Iglesias auf Sardinien.

Präfektin Gerarda Pantalone, Chefin des Departements Bürgerfreiheiten im Innenministerium zeigte sich mit der neuen Regelungen zufrieden. Es gelte jedoch, noch weit mehr bereite Bürgermeister zu finden.

- Anzeige -

Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.

Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.

Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.

Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.