Ohne Begründung in den Bundestag
Trotz fehlender Angaben erhielten viele Lobbyisten Hausausweise
Wer als Besucher in den Bundestag will, muss sich vorher anmelden und lange Wartezeiten einplanen. Wer jedoch über einen Hausausweis verfügt, der kann die Parlamentsgebäude auch durch diskrete Seiteneingänge betreten und muss sich keinen lästigen Leibesvisitationen unterziehen. Neben Abgeordneten und deren Mitarbeitern werden die kleinen Plasteausweise im Kreditkartenformat auch für Journalisten, Techniker und Verbandsvertreter ausgestellt. Vorausgesetzt, sie erfüllen die entsprechenden Anforderungen de Hausordnung.
Doch nun zeigen Nachforschungen der Transparenz-Organisation Abgeordnetenwatch, dass die Bundestagsverwaltung in der Vergangenheit Hunderte Ausweisanträge bewilligte, »obwohl Lobbyisten darin wesentliche Angaben verschwiegen hatten«, wie die Organisation am Freitag meldete. Laut Hausordnung können Verbandsvertreter aus »berechtigtem Anlass« einen Hausausweis erhalten, der für ein Kalenderjahr gilt. Im entsprechenden Antragsformular müssen sie schriftlich begründen, warum sie »nicht nur gelegentlich« Zutritt benötigen. Unter dem Punkt »Antragsgrund« muss die folgende Frage beantwortet werden: »Warum und wie oft müssen die DBT-Gebäude betreten werden?«
Doch die Frage nach dem Warum konnten oder wollten viele nicht beantworten. So fehlte die Begründung in 536 von 910 Fällen, in denen die Verwaltung im vergangenen Jahr einen Ausweis bewilligte. Trotzdem stellte man ihnen das Dokument aus. In einer Antwort an Abgeordnetenwatch beteuert die Verwaltung nun, dass sie mittlerweile nur noch »Anträge mit vollständig gemachten Angaben akzeptiert«. LINKE und Grüne wollen das jetzt nachprüfen. Die Parlamentarische Geschäftsführerin der LINKEN, Petra Sitte, sprach sich im Namen ihrer Fraktion dagegen aus, Interessenvertreter mit Hausausweisen auszustatten, die das ganze Jahr gültig sind. »Sie sollten sich wie jede andere Person auch regulär anmelden und Tageausweise erhalten«, so Sitte. Kommentar Seite 2
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