Diesel noch schmutziger als gedacht

Fragen & Antworten zum Abgasärger ohne Ende

  • Lesedauer: 3 Min.

Was hat das Umweltbundesamt konkret herausgefunden?

Euro-6-Diesel, die der jüngsten Abgasnorm entsprechen, stoßen viel mehr Stickoxide aus, als sie sollten. Der Laborgrenzwert liegt bei 80 Milligramm pro Kilometer. Im Alltag sind es aber 507 Milligramm und damit mehr als sechs Mal so viel. Am schmutzigsten sind Euro-5-Diesel mit einem NOx-Ausstoß von 906 Milligramm, dem Fünffachen des Grenzwerts von 180 Milligramm. Bei Euro-4-Diesel, hier gilt ein Grenzwert von 250 Milligramm, sind es 674 Milligramm Stickoxid pro Kilometer.

Sind diese Grenzwert-Überschreitungen nicht verboten?

Nein, bisher reicht es, wenn die Autos unter den ganz besonderen Bedingungen im Labor die gültigen Grenzwerte einhalten.

Welche Pkw-Modelle sind es?

Dazu macht das Umweltbundesamt keine Angaben, weil es dem Amt darum geht, ein Gesamtbild der Dieselflotte in Deutschland zu zeichnen.

Warum sind Stickoxide ein Problem?

Die Gase können Schleimhäute angreifen, zu Atemproblemen oder Augenreizungen führen sowie Herz und Kreislauf beeinträchtigen. Pflanzen und Böden werden von Stickstoffoxiden auch geschädigt. Sie tragen außerdem zur Bildung von Feinstaub und bodennahem Ozon bei. Nach Angaben der Europäischen Umweltagentur hat Sickstoffdioxid 2012 in Deutschland 10 400 vorzeitige Todesfälle verursacht. An mehr als jeder zweiten Messstation an stark befahrenen deutschen Straßen wurde 2016 der Stickstoffdioxid-Grenzwert von 40 Mikrogramm pro Kubikmeter im Jahresmittel überschritten.

Was wird in der EU getan, um das NOx-Problem zu lösen?

Künftig wird der Ausstoß nicht mehr nur im Labor gemessen, sondern auf der Straße über sogenannte RDE-Prüfverfahren. Für neue Fahrzeugtypen gilt das ab September 2017, für alle Neuwagen ab September 2019. In einem gewissen Umfang sind Abweichungen von den Grenzwerten erlaubt. Die EU-Kommission hat außerdem Deutschland wiederholt Verstöße gegen europäische Standards für die Luftqualität vorgeworfen. Mehrere Verfahren wegen mutmaßlicher Verletzungen von EU-Recht sind gegen die Bundesregierung im Gange. Dabei geht es unter anderem um Feinstaub und Stickoxide.

Und in Deutschland?

Es gibt 54 Umweltzonen, in 53 davon dürfen nur Autos mit «Grüner Plakette» fahren. Außerdem setzen Städte auf Tempolimits oder Durchfahrtverbote für Lastwagen. Stuttgart beispielsweise hat Fahrverbote eingeführt: Fahrzeuge ohne die strengste Abgasnorm Euro 6 dürfen ab 2018 bei Feinstaubalarm auf besonders belasteten Straßen nicht mehr fahren.

Was wird aus der vieldiskutierten «Blauen Plakette»?

Die «Blaue Plakette, die im Zuge der Euro 6 Norm eingeführt werden soll, richtet sich vor allem gegen den Ausstoß von Stickoxiden. Die bisherigen Umweltzonen dienen hauptsächlich der allgemeinen Reduzierung des Feinstaubs. Doch diesbezüglich kommen Verkehrs- und Umweltminister in Bund und Ländern auf keinen gemeinsamen Nenner. Vermutlich werden EU und Gerichte die Kommunen zu Fahrverboten zwingen können. Das dürfte die »Blaue Plakette« wieder auf die Tagesordnung bringen. dpa/nd

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