Leidenschaft allein reicht nicht

Alba Berlins Basketballer können die Saison nicht retten

Als es vorbei war, musste Marco Baldi seine Spieler erst mal trösten. In den vergangenen Jahren hat der Geschäftsführer des Basketball-Bundesligisten Alba Berlin Übung darin bekommen, denn seit 2008 hat der ehemalige Seriensieger keinen Meistertitel mehr errungen. Wie so oft in den vergangenen Jahren erwies sich der FC Bayern München als zu stark für Alba. Die 82:87-Heimniederlage besiegelte das Ausscheiden in der Viertelfinalserie mit 1:3. Die Bayern treffen nun auf Titelverteidiger Bamberg, und die Berliner müssen mit ihren Planungen wieder von vorn beginnen.

Baldi spricht oft davon, dass München und Bamberg finanziell zu stark seien, um auf dem Spielermarkt mitzuhalten. Doch eine Hauptrunde auf Rang sechs zu beenden, noch dazu mit riesigem Rückstand auf die Spitze, war dann doch unter Albas Würde. »Wir können mit der Saison nicht zufrieden sein«, sagte Baldi nach der Niederlage. Doch zur Grundsatzkritik wollte er nicht ausholen, dafür hatte sich die Mannschaft letztlich doch zu gut verabschiedet. »Ich habe Tränen gesehen in der Kabine. Das gehört dazu, aber wir sind aufrecht aus der Halle gegangen. Mit so viel Leidenschaft und Energie muss ein Alba-Team auftreten. Wenn wir das in der nächsten Saison fortsetzen, kommt der Basketballgott wieder auf unsere Seite rüber«, hoffte Baldi.

Im vergangenen Sommer war die gesamte Klubführung noch euphorisch in die Saison gegangen. Sie setzte auf talentierte Spieler, die der junge Trainer Ahmet Caki weiterentwickeln und spätestens zur kommenden Spielzeit zu einer starken Einheit schweißen sollte. Doch schon früh begannen die Probleme. Brandon Ashley, um den die Mannschaft herumgebaut werden sollte, brach seinen Vertrag und kam nicht mehr nach Berlin zurück. »Da mussten wir improvisieren und holten Malcolm Miller, der sich gleich mal die Hand brach. Dann verpflichteten wir Tony Gaffney, der sich auch gleich die Hand brach. Und schließlich mussten wir über Monate ohne Peyton Siva auskommen, den Spielgestalter, den man am schwersten ersetzen kann«, erinnerte Baldi an eine Seuchenzeit. Im letzten Viertelfinalspiel am Dienstagabend fielen mit Dragan Milosavljevic und Carl English erneut zwei Leistungsträger aus.

Das Pech schien am Schuh zu kleben. »Dennoch muss ein Klub wie Alba Berlin in der Lage sein, schwere Ausfälle zu kompensieren. Im April haben wir unseren Trainer dann beurlaubt, weil wir der Meinung waren dass aus den verbliebenen Möglichkeiten nicht das Optimum rausgeholt wurde«, erklärte Baldi. Mit Ersatzmann Thomas Päch kam zwar das Glück nicht zurück, aber sehr wohl die Energie, die Alba in der Vergangenheit immer ausgezeichnet hatte. »Es ist schade, dass wir nur so kurz mit Thomas zusammenarbeiten konnten. Seine positive Einstellung hat auch uns erst wieder daran erinnert, wie gut wir sein können«, sagte der enttäuschte Flügelspieler Tony Gaffney.

Das klang auch wie eine Bitte an die Geschäftsführung, Päch langfristig als Cheftrainer anzustellen. Auch Kollege Akeem Vargas »würde es ihm wünschen, dass er weitermachen kann«. Aber Baldi ist kein Mann von Schnellschüssen. »Minuten nach dem Saisonende werden keine Personalien diskutiert«, betonte er. »Natürlich hat sich Thomas von einer guten Seite gezeigt, aber für uns geht es darum, zu unserem Konzept den passenden Trainer zu finden. Das werden wir nicht gefährden, indem wir vorschnell auf Wünsche reagieren.«

Baldi glaubt zwar nicht, dass sich die Trainersuche lange hinziehen werde, aber er zeigte sich offen für einen abermaligen Neuaufbau. »Das verlangt wieder viel Geduld, weil nicht sofort Ergebnisse sichtbar sein werden«, sagte der 55-Jährige.

Selbst wenn der Neuanfang besser laufen sollte als in dieser Saison, bleibt es doch fraglich, ob damit die Lücke zu den Bayern und Bamberg geschlossen werden kann. Die Münchner mögen gegen Berlin nicht ihren besten Basketball gespielt haben, aber ein Spitzenpferd springt bekanntlich nur so hoch, wie es muss. »Sie haben eine ganz starke Mannschaft und alles zusammen, was man für ein Meisterteam braucht«, konstatierte Tony Gaffney nach dem letzten Duell. Selbst ohne Verletzungen und mit viel Leidenschaft wird man das über Alba in naher Zukunft wohl nicht behaupten können.

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