Lokomotive fürs Klima

China bringt weltweite Verhandlungen voran

  • Susanne Götze
  • Lesedauer: 3 Min.

Xie Zhenhua rührt die Werbetrommel für das Paris-Abkommen. Der chinesische Klimabeauftragte rattert kurz vor der Eröffnung des 8. Petersberger Klimadialogs in Berlin am Montagmorgen die Erfolge der Umweltpolitik seines Landes so schnell herunter, dass die Übersetzerin nicht hinterherkommt. 40 Milliarden Dollar wolle man die nächsten Jahre investierten und fast 70 Millionen Arbeitsplätze schaffen. Selten hat ein Thema China so gute Presse eingebracht.

Neben Xie sitzt Bundesumweltministerin Barbara Hendricks (SPD) und nickt. Von diesem Klimadialog, zu dem am Montag Delegierte von 30 Staaten gereist sind, soll ein starkes Signal ausgehen. Mit China will Hendricks zeigen: Wer im Klimaabkommen ist, ist auf der Gewinnerseite. Es ist ein letzter Versuch, die USA zu überzeugen, nicht aus dem Vertrag auszusteigen und den »Domino-Effekt« zu verhindern. Obwohl die meisten Länder zum Vertrag stehen, könnten einige ihr Engagement überdenken.

Seit der Klimakonferenz in Marrakesch im November 2016 ist die Entscheidung der USA deshalb der »Elefant im Verhandlungsraum«. »Wir versuchen auf allen Ebenen, die USA zu überzeugen, im Abkommen zu bleiben«, so Hendricks. US-Präsident Donald Trump hatte angekündigt, die endgültige Entscheidung auf dem G7-Treffen in Italien in dieser Woche bekannt zu geben.

Selbst wenn die USA nicht aussteigen sollten: Die Koordinaten in der Klimadiplomatie haben sich bereits verschoben. Seit Monaten treffen sich die neuen Vorreiter im Klimaschutz zu bilateralen Gesprächen und immer wieder sind es die EU, China und Kanada, die den Ton angeben. Am Dienstag kommen ihre Vertreter zusammen, um die einst US-geführte Initiative des »Major Economies Forum« (MEF) zu übernehmen. China ist als größter CO2-Emittent Lokomotive der Verhandlungen und Garant dafür, dass der Vertrag nicht stirbt, bevor er gültig wird.

Peking führt noch 2017 einen landesweiten Emissionshandel ein und baut massiv erneuerbare Energien aus. Seit drei Jahren geht die Kohleverstromung zurück - 2016 um fast fünf Prozent. Bei Elektroautos könnte das Reich der Mitte bald Weltmarktführer sein. Bis 2020 sollen fünf Millionen E-Autos auf Chinas Straßen rollen.

Umweltministerin Hendricks muss hingegen hilflos zuschauen, wie Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) die deutschen Klimaziele abschreibt. Vergangene Woche erklärte Merkel, das Ziel von einer Million Elektroautos bis 2020 sei nicht zu halten. Eine unschönes Bekenntnis wenige Tage vor dem Klimatreffen.

Der Petersberger Dialog ist Auftakt zu mehreren Treffen, die für die Weltklimakonferenz in Bonn im November wegweisend sind. Besonders spannend wird es auf dem G20-Teffen in Hamburg im Juli. Noch ist ungewiss, ob es ein Bekenntnis zum Klimaschutz in die Abschlusserklärung schafft - denn die müssen alle 20 Staaten unterschreiben, auch die USA. In Deutschland hat eine Allianz aus dem Bundesverband der Deutschen Industrie, Germanwatch und dem Mercator Research Institute on Global Commons and Climate Change dazu aufgerufen, die Einführung eines globalen CO2-Preises in die G20-Erklärung aufzunehmen. »Klare, am Paris-Abkommen orientierte Langfristziele und ein stetig steigendes internationales CO2-Preissignal schaffen die Grundlage für Investitionen weltweit«, erklärt Germanwatch-Geschäftsführer Christoph Bals. Grünes Wachstum sei eine »win-win«-Situation für alle Länder, sagt auch Xie: »Wir können mit dieser Wende fast alle unsere Probleme lösen und das Leben der Menschen verbessern.« Kommentar Seite 4

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