»Gottes Gören« stören umstrittene Predigt mit von der Leyen
Scharfe Kritik am Gottesdienst der Verteidigungsministerin beim Kirchentag / Protest gegen die »Verstrickung der Kirche mit der Bundeswehr«
Berlin. Militärgegner haben beim Kirchentag in Berlin eine Veranstaltung mit Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) gestört. Während eines sogenannten Bittgottesdienstes für Frieden in der Gedächtniskirche seilten sich am Freitag zwei Aktivistinnen von einer Empore ab. Gemeinsam mit Mitstreitern auf der Empore wandten sie sich lautstark gegen Kriegseinsätze und die »Verstrickung der Kirche mit der Bundeswehr«. Zudem warfen sie Flugblätter ab. Darin hieß es unter anderem: »Während die Kirche immer wieder, besonders hier am Kirchentag, 'Weltoffenheit' und 'Frieden' predigt, bietet sie gleichzeitig der Bundeswehr eine Plattform, um sich als Frieden bringende Institution zu präsentieren.« Die Aktivistinnen bezeichneten sich dabei als »Gottes Gören«.
Während Besucher der Veranstaltung den Störern mit christlichen Liedern begegneten, rückten Ordner des Kirchentages und Polizisten an, um die Aktion zu beenden. An der Außenfassade der Kirche brachte
die Protestgruppe ein Plakat an mit den Worten »War starts here, lets stop it here« (Der Krieg startet hier, lasst ihn uns hier stoppen). Zwei weitere Frauen, die ein Transparent mit der Aufschrift »Keine Drohnen für die Bundeswehr« trugen, bat von der Leyen während ihrer Dialogpredigt mit dem evangelischen Militärbischof Sigurd Rink zu sich neben den Altar.
Die CDU-Politikerin rief dazu auf, aus einer christlichen Haltung heraus Verantwortung zu übernehmen. Friedenstiften könne sich nicht mit dem Erdulden von Unrecht, Machtmissbrauch und Gewalt begnügen. Deutschland und Europa müssten mutig eintreten »für die Prinzipien, die uns so eine lange Phase des Friedens geschenkt haben«. Das Militär würde dazu beitragen, die Schwächsten zu schützen und sie im Notfall mit dem Leben zu verteidigen, führte die Ministerin aus. Solche Einsätze könnten Zeit schaffen für Versöhnung und Wiederaufbau.
Bereits vor dem geplanten Auftritt von der Leyens hatte es an der gemeinsamen Predigt scharfe Kritik gegeben. Dies sei sei eine »nicht hinnehmbare Vermischung von geistlichem und weltlichem Amt, Auftrag und Mandat«, erklärte die Evangelische Arbeitsgemeinschaft für Kriegsdienstverweigerung und Frieden (EAK) am Donnerstag in Bonn. Die Veranstaltung der Militärseelsorge gebe alten Klischees vom Schulterschluss zwischen »Thron und Altar« neue Nahrung, warnte der EAK-Vorsitzende Christoph Münchow in einem Schreiben an den Militärbischof.
Keine Bedenken hätte der Dachverband der evangelischen Friedensarbeit gehabt, wenn die Bundesverteidigungsministerin beim Deutschen Evangelischen Kirchentag an Podiumsdiskussionen teilgenommen hätte oder eine Bibelarbeit übernehme. Dies gelte aber nicht bei der Übernahme des Predigtdienstes, hieß es. »Eine Predigt unterliegt engeren Kriterien«, schreibt Münchow. Der Auftritt von der Leyens in dem Bittgottesdienst der Militärseelsorge sei zudem ein Ärgernis für Menschen, die sich in der evangelischen Kirche für die Friedensarbeit engagierten. Agenturen/nd
Das »nd« bleibt gefährdet
Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.