Gegenpupser*innen aufgepasst: Im Feminismus geht mehr

Das Frauen*volksbegehren in Österreich kann linker, queerer, intersektionaler sein, fordert Nadia Shehadeh

  • Nadia Shehadeh
  • Lesedauer: 4 Min.

Vor kurzem wurde in Österreich das Frauen*volksbegehren 2.0 für das Frühjahr 2018 vorgestellt – rund 20 Jahre nach dem ersten. 15 Forderungen stehen auf der Agenda, recht geschmeidig und wenig radikal; mit einem Subversivitätsfeuerwerk hat man es beileibe nicht zu tun. Trotzdem schießen Liberale, Konservative und Rechte dagegen. Ihnen ist das alles viel »zu links«. Da fragt man sich: Wenn das schon Schnappatmung bei den selbst ernannten nicht-linken Feministinnen verursacht – was passiert dann erst bei wirklich linken Forderungen, die Fragen des Migrationshintergrunds, von Transsexualität oder Behinderung mitdenken?

Doch der Reihe nach. Die Initiator*innen wollen, dass das Frauen*volksbegehren möglichst breit aufgestellt ist. Bisher umfassen die Forderungen ein Ende der »Rosa-Blau-Falle«, die Verbannung sexistischer Werbung, gleichen Lohn für gleiche Arbeit und den kostenlosen Zugang zu Verhütungsmitteln. Inklusiv und offen soll das Frauenvolks*begehren werden, doch da hapert es noch. Auf Fragen von Alleinerziehenden, Migrationshintergrund, Behinderung, Sexarbeit, von Lesben, Schwulen, Transgendern, Intersexuellen und Queers wird überhaupt nicht eingegangen. Soweit, so larifari.

Fairerweise muss erwähnt werden: Die bisherigen Forderungen wurden mit Nichtregierungsorganisationen und Vereinen erstellt, es wird weiter daran gearbeitet. Immerhin wird eine Verbesserung der Lebenssituation asylsuchender Frauen gefordert, es gibt auch eine nicht näher ausgeführte Forderung nach einer »queeren Pädagogik«.

Insgesamt jedoch ein Kinderschuh-Feminismus, der mit seinen Forderungen wunderbar in eine weiße, heterosexistisch normierte Welt voller Verhütungs- und Geldfragen passt. Aber obwohl alles so schön für die Masse formuliert wurde, gibt es sofort die ersten Gegenpupser*innen.

»Mein Feminismus ist nicht links«, betonte zum Beispiel Anna Vetter. Um das genauer auszuführen dokterte sie einen weinerlichen, stellenweise sehr ich-zentrierten Textbeitrag zusammen, in dem sie erklärt was sie so gelesen hat (de Beauvoir, Badinter) und wie sie sich als »Feministin« in den Gender Studies-Veranstaltungen im Studium immer unwohl fühlte. Außerdem erklärt sie, dass sie Gendermarketing gar nicht so schlimm findet, sondern vielmehr Geschlechterkonstruktionen insgesamt schrecklich seien, weil die dazu führen würden, dass »viele Mädchen dann eben schlecht bezahlte, aber ›weibliche‹ Berufe wählen«. Mit »Verbotspolitik« wolle sie nichts zu tun haben, und Sätze wie »Feminismus ist links – oder es ist kein Feminismus« seien ausschließend.

Hätte Anna Vetter besser aufgepasst, dann wüsste sie vielleicht auch, dass »Mädchen« ihre Benachteiligung nicht freiwillig »wählen«, weil ihnen irgendwo mal was Falsches erzählt oder vorgelebt wurde, sondern patriarchale, kapitalistische, rassistische Strukturen zu automatischer Benachteiligung führen.

Hätte Anna Vetter besser aufgepasst, wüsste sie, dass die Weiblichkeitsfeindlichkeit von Feminist*innen, die als weiblich geltendes Spielzeug verteufeln, bereits seit Jahren von Queer-Feminist*innen kritisiert werden. Dass sich die wirklich linke Feminismus-Basis also gar nicht mehr an so Petitessen wie Kinderüberraschungseiern für Mädchen abkämpft, sondern den Hass darauf eher als Teil des Problems und nicht der Lösung identifiziert.

Hätte Anna Vetter besser aufgepasst, dann hätte sie sich, wie Beate Hausbichler im »Standard« anmerkte, auch mal fragen können, wo überhaupt die Grenzen von Marketingstrategien liegen: »Ist es bei schwulen- und lesbenfeindlichen oder antisemitischen Werbestrategien auch lächerlich, sie zu verbieten?«

Hätte Anna Vetter besser aufgepasst, dann wüsste sie, dass sie den bisherigen Forderungskatalog des Frauen*volksbegehrens eigentlich direkt unterschreiben könnte, ohne dass ihr die weiße, privilegierte Hetero-Hegemonie-Kuscheldecke abgenommen werden würde, an der sie so beharrlich festhält.
Was die Diskussion um das Frauen*volksbegehren zeigt: Wenn es um feministische Forderungen geht, kommt von liberaler, konservativer und rechts-populistischer Seite immer Gegenwind – egal wie anbiedernd, breit und lieblich sie formuliert sein mögen. Und deswegen kann es ruhig von Anfang an mal etwas mehr sein: Mehr links, intersektionaler, subversiver. Gestritten wird am Ende ja eh! Und ein Feminismus, der zugunsten der Masse mit dem Patriarchat, dem Kapitalismus und dem Rassismus flirtet, ist am Ende eher Komplize des Systems als ein Lösungsregelwerk für eine bessere und gerechtere Gesellschaft.

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